Beschluss vom 04.08.2003 -
BVerwG 9 B 13.03ECLI:DE:BVerwG:2003:040803B9B13.03.0

Beschluss

BVerwG 9 B 13.03

  • OVG des Landes Sachsen-Anhalt - 14.11.2002 - AZ: OVG 1 L 395/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. August 2003
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S t o r o s t und Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 14. November 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 800 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Die zu ihrer Begründung angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.
1. Einen für das angegriffene Urteil erheblichen Verfahrensmangel, der zur Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen könnte, hat die Beklagte entgegen § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht bezeichnet. Voraussetzung dafür wäre, dass ein solcher Mangel sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in deren rechtlicher Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 m.w.N.). Daran fehlt es hier.
Die Rüge der Beklagten, das Berufungsgericht habe die Widerrufsgründe in den wasserrechtlichen Zustimmungen von 1970 und 1983 und den Ausschluss der Klägerin mit Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss nicht erörtert und den diesbezüglichen Vortrag der Beklagten im Urteil nicht gewürdigt, lässt nicht erkennen, dass und warum diese Fragen bei Zugrundelegung der - für die Verfahrensweise maßgeblichen - materiellrechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts einer Erörterung und Würdigung bedurften. Soweit sich die Beklagte damit gegen die Auffassung des Berufungsgerichts wendet, dass die angefochtenen Entscheidungen des Wasser- und Schifffahrtsamtes in Folge der Konzentrationswirkung des Planfeststellungsverfahrens schon mangels Zuständigkeit dieser Behörde rechtswidrig waren, macht er keinen Mangel des gerichtlichen Verfahrens geltend, sondern beanstandet die Anwendung sachlichen Rechts durch das Gericht.
2. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich auch nicht, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat. Das wäre nur der Fall, wenn für die Entscheidung des Berufungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Soweit die Beklagte in der Beschwerdebegründung über Angriffe gegen die Richtigkeit des Berufungsurteils hinaus überhaupt Fragen bezeichnet, erfüllen sie diese Anforderungen nicht.
Die zunächst aufgeworfene Frage, ob die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach bei vorprozessualer Erledigung eines Verwaltungsaktes ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zur Vorbereitung eines Staatshaftungsprozesses grundsätzlich zu verneinen ist, "auch auf den hier vorliegenden Fall der sonstigen Entschädigungsansprüche zu übertragen ist", war für die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht von Bedeutung. Denn dieses ist gerade nicht davon ausgegangen, dass sich der Widerruf der wasserrechtlichen Zustimmungen und die Entscheidung der Beklagten über das Nichtbestehen diesbezüglicher Entschädigungsansprüche erledigt hatten. Deshalb läge insoweit auch keine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vor.
Die weiter aufgeworfene Frage, "ob Vorhabenträger im Vorgriff auf die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens bei der Klärung von Teilproblemen des künftigen Vorhabens mittels Bescheides tätig werden dürfen", würde sich in dieser Allgemeinheit im Revisionsverfahren nicht stellen. Denn die angefochtenen Bescheide wurden vom Wasser- und Schifffahrtsamt während des laufenden Planfeststellungsverfahrens erlassen, um die Ausführung des Vorhabens zu ermöglichen, über dessen Zulässigkeit erst in diesem Verfahren zu entscheiden war. Insoweit ist bereits höchstrichterlich geklärt, dass § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eine Konzentration der behördlichen Zuständigkeiten begründet, wonach allein die Planfeststellungsbehörde über die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange zu entscheiden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1992 - BVerwG 4 B 1 - 11.92 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89 S. 93 und Gerichtsbescheid vom 30. Juli 1998 - BVerwG 4 A 1.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 140 S. 278). Das schließt eine gleichzeitige Zuständigkeit anderer Behörden für Teile des Entscheidungsprogramms der Planfeststellungsbehörde aus.
Die von der Beschwerde ferner als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage, "ob die Rechtsauffassung der Berufungsbeklagten zum Regelungsgehalt des Planfeststellungsbeschlusses bestätigt wird", kann schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision führen, weil sie nicht fallübergreifend ist, sondern nur die Auslegung eines konkreten Verwaltungsaktes betrifft. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang die abstrakte Frage formuliert, "welchen Umfang die Konzentrations- und Gestaltungswirkung eines Planfeststellungsbeschlusses hat", ist grundsätzlicher rechtlicher Klärungsbedarf ebenfalls nicht dargetan; denn dieser Umfang hängt wesentlich vom Regelungsgehalt im Einzelfall ab.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 GKG.