Beschluss vom 04.03.2009 -
BVerwG 6 PB 28.08ECLI:DE:BVerwG:2009:040309B6PB28.08.0

Beschluss

BVerwG 6 PB 28.08

  • OVG Berlin-Brandenburg - 29.10.2008 - AZ: OVG 60 PV 14.07

In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. März 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Vormeier
beschlossen:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Berlin - vom 29. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 91 Abs. 2 BlnPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.

2 1. Die Abweichungsrüge ist unzulässig, soweit sie sich auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 11. Februar 2003 - 60 PV 12.02 - (PersV 2003, 233) stützt. Wie die entsprechende Anwendung der Regelung in § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren ergibt, kommt die Zulassung der Rechtsbeschwerde bei einer Abweichung des angefochtenen Beschlusses von einer Entscheidung eines Oberverwaltungsgerichts nur in Betracht, wenn es sich dabei um die Entscheidung eines anderen Senats desselben Oberverwaltungsgerichts oder um die Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts handelt. Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf den zitierten Beschluss vom 11. Februar 2003 nicht erfüllt.

3 Dieser Beschluss ist ebenso wie der angefochtene Beschluss eine Entscheidung des Fachsenats für Personalvertretungssachen des Landes Berlin. Beide Beschlüsse sind Entscheidungen desselben Oberverwaltungsgerichts. Das durch Fusion zum 1. Juli 2005 zustande gekommene Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ist Funktionsnachfolger des Oberverwaltungsgerichts Berlin. Abgesehen davon ist die Identität des auf der Grundlage von § 92 BlnPersVG gebildeten Fachsenats für Personalvertretungssachen des Landes Berlin durch die Fusion ohnehin unberührt geblieben. Dieser kann daher seine Rechtsprechung ohne Gefahr für die Rechtseinheit ändern, solange abweichende Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, eines anderen Senats des Oberverwaltungsgerichts oder eines anderen Oberverwaltungsgerichts nicht vorliegen.

4 2. Ebenfalls ohne Erfolg bleibt die Abweichungsrüge, soweit sie sich auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. April 2006 - 4 S 3.06 - stützt.

5 a) Insoweit ist sie allerdings statthaft. Bei dem vorbezeichneten Beschluss handelt es sich nicht um eine Entscheidung des Fachsenats, sondern um eine Entscheidung des für Dienstrecht zuständigen 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts.

6 Die Berufung auf diesen Beschluss scheitert nicht daran, dass zu der Rechtsfrage bereits eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ergangen ist (§ 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG). Die im angefochtenen Beschluss sowie im Schriftsatz der Beteiligten zu 2 vom 20. Februar 2009 zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sind - von einer Ausnahme abgesehen - zu § 47 Abs. 2 BPersVG ergangen. Zwar kann der Zulässigkeit einer Abweichungsrüge, die auf eine Entscheidung eines Oberverwaltungsgerichts gestützt wird, unter Umständen eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu inhaltsgleichen Bestimmungen eines anderen Personalvertretungsgesetzes entgegengehalten werden (vgl. in diesem Zusammenhang: Beschluss vom 28. Januar 2004 - BVerwG 6 PB 10.03 - Buchholz 251.2 § 91 BlnPersVG Nr. 2). Doch kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Regelungen in § 47 Abs. 2 BPersVG und § 44 BlnPersVG inhaltsgleich sind. Zwar schützen beide Vorschriften Personalratsmitglieder vor Versetzungen und Abordnungen. Während jedoch § 47 Abs. 2 Satz 2 BPersVG diesen Schutz auf mit einem Dienstortwechsel verbundene Umsetzungen erweitert, erstreckt § 44 Halbs. 2 BlnPersVG den Schutz auf die Übertragung eines anderen Arbeitsgebiets. § 44 BlnPersVG geht daher ersichtlich über § 47 Abs. 2 BPersVG noch hinaus, sodass Aussagen in der Rechtsprechung des beschließenden Gerichts zu § 47 Abs. 2 BPersVG nicht ohne nähere - einem Rechtsbeschwerdeverfahren vorbehaltene - Klärung auf § 44 BlnPersVG übertragen werden können. Der zum rheinland-pfälzischen Landesrecht ergangene Beschluss vom 17. Dezember 1997 - BVerwG 2 B 103.97 - kann im vorliegenden Zusammenhang schon deswegen nicht herangezogen werden, weil er die Antwort auf die hier interessierende Problematik offenlässt (juris Rn. 7 f.).

7 b) Die Abweichungsrüge ist, soweit sie sich auf den zitierten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 21. April 2006 beruft, jedoch unbegründet.

8 aa) Allerdings weicht der angefochtene Beschluss von dem vorbezeichneten Beschluss ab. Er enthält den Rechtssatz, dass der Schutz des Personalratsmitgliedes gegen Übertragung eines anderen Arbeitsgebietes nach § 44 BlnPersVG nicht voraussetzt, dass nach den Umständen des Einzelfalles die Änderung des Dienstpostens Interessen des Personalratsmitgliedes oder der Personalvertretung beeinträchtigt. Der gegenteilige Rechtssatz findet sich im Beschluss vom 21. April 2006, wonach § 44 BlnPersVG kein abstraktes Verbot schafft, das unabhängig davon eröffnet ist, ob die Personalratsarbeit konkret gefährdet wird.

9 bb) Auf der danach festzustellenden Abweichung beruht der angefochtene Beschluss jedoch nicht. Denn der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts ist aufgrund einer selbstständig tragenden Hilfsbegründung zu demselben Ergebnis gelangt. Er hat sich dabei den vom 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz zu eigen gemacht, wonach die Übertragung eines anderen Arbeitsgebiets geeignet sein muss, die Personalratstätigkeit konkret zu behindern. Dass er aufgrund einzelfallbezogener Würdigung zu einem anderen Ergebnis gelangt ist als der 4. Senat, begründet keine Abweichung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG.

10 cc) Schließlich ist der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gleichwohl stattzugeben, weil der Beteiligte zu 1 die Hilfsbegründung des Oberverwaltungsgerichts ihrerseits mit einer Gehörsrüge nach § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG angreift. Die Gehörsrüge ist nämlich unzulässig. Sie genügt nicht den insoweit zu stellenden Darlegungsanforderungen (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ArbGG).

11 Der Beteiligte zu 1 trägt in der Beschwerdebegründung vor, das Oberverwaltungsgericht hätte zu den tatsächlichen Annahmen seiner Hilfsbegründung den Sachverhalt weiter aufklären und „hierfür“ rechtliches Gehör gewähren müssen. Der Beteiligte zu 1 verknüpft daher seine Gehörsrüge mit einer Aufklärungsrüge. Letztere aber ist nach § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG unstatthaft. Dieses verfahrensrechtliche Schicksal teilt hier die Gehörsrüge, weil sie nach der Beschwerdebegründung die fehlerhaft unterbliebene Sachverhaltsaufklärung voraussetzt, welche der Verfahrensrüge nicht zugänglich ist.

12 Im Übrigen ist die Gehörsrüge deswegen unschlüssig, weil sie nicht einmal behauptet, das Oberverwaltungsgericht habe im Anhörungstermin seine Hilfserwägung bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage nicht angesprochen. Ist Letzteres aber in hinreichendem Maße geschehen, so hätte sich der Beteiligte zu 1 durch ergänzenden Sachvortrag oder Beweisanträge Gehör verschaffen müssen. In jedem Falle hätte in der Beschwerdebegründung auf den Inhalt des Rechtsgesprächs im Anhörungstermin des Oberverwaltungsgerichts in der Weise eingegangen werden müssen, dass der Senat hätte beurteilen können, ob die geltend gemachte Gehörsverletzung vorliegt (vgl. Beschluss vom 10. Juli 2008 - BVerwG 6 PB 10.08 - Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 81 Rn. 2). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht einmal ansatzweise.