Beschluss vom 03.07.2008 -
BVerwG 8 B 6.08ECLI:DE:BVerwG:2008:030708B8B6.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 03.07.2008 - 8 B 6.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:030708B8B6.08.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 6.08

  • OVG des Landes Sachsen-Anhalt - 16.08.2007 - AZ: OVG 2 L 1/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Juli 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. August 2007 ergangenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt wird zurückgewiesen.
  2. Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 76 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die für die Zulassung der Revision allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Sache liegt im Verständnis von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vor.

2 1. Die für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage,
ob ein unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 GG fließendes subjektives Abwehrrecht aus einer kurzzeitigen Versorgung mit Trinkwasser entstehen kann,
geht von einem Sachverhalt aus, den das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Nach dem angefochtenen Urteil liegt eine jahrelange Versorgung der Kläger mit Trinkwasser vor. Allein der Zeitraum vom 1. Januar 1994 (Kommunalisierung der Wasserversorgungsanlagen) bis zum 7. August 2002 (Erlass des Widerspruchsbescheides) reicht danach für die Annahme aus, dass die qualifizierte Beziehung zwischen dem individuellen Status der Kläger und dem Verhalten der Wasserbehörden im Sinne des vorangegangenen Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juli 2005 - BVerwG 8 B 51.05 - besteht. Dieser Zeitraum von mehr als acht Jahren kann nicht als „kurzzeitig“ und damit für den subjektiven Rechtsschutz als unbeachtlich angesehen werden.

3 2. Von grundsätzlicher Bedeutung ist auch nicht die Frage,
ob in der vorliegenden Sache ein zielgerichteter Eingriff in die Entfaltungsmöglichkeit der Kläger vorliege.

4 Diese Frage entzieht sich von vornherein einer generellen verallgemeinerungsfähigen Beantwortung. Sie lässt eine mit der Revision zu ermöglichende Fortentwicklung des Rechts nicht zu.

5 3. Entgegen der Auffassung des Beigeladenen ist es keine Frage zulässiger Revisionsgründe, ob § 146 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Wassergesetz für das Land Sachsen-Anhalt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellt. Dies beurteilt sich nach nicht revisiblem Landesrecht.

6 4. Der Beigeladene verbindet einen weiteren Klärungsbedarf mit der Frage,
ob den Klägern ein aus Art. 14 Abs. 1 GG fließendes subjektives Abwehrrecht deshalb fehle, weil sie mit ihrem Verlangen nach Aufrechterhaltung der Trinkwasserversorgung der Sozialbindung ihres Eigentums (Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG) widersprächen.

7 Diese Frage kann ohne Weiteres verneint werden. Die Sozialbindung des Grundeigentums wird nicht dadurch unterbrochen, dass nach jahrelanger Versorgung mit Trinkwasser das Eigentumsrecht zur Aufrechterhaltung dieses Zustandes bemüht wird. Die Sozialbindung wirkt sich vielmehr in Fällen vorliegender Art dahingehend aus, dass mit der Befreiung von der Trinkwasserversorgungsaufgabe Interessen der Allgemeinheit gegen die des Grundeigentümers zur Geltung gebracht werden können. Da aber nach dem angefochtenen Urteil die Befreiung im Ermessen der Behörde liegt, besteht seitens der Kläger der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, wobei dieser Anspruch gemäß dem vorbenannten Senatsbeschluss dem Grundeigentum zuzurechnen ist.

8 5. Soweit sich der Beigeladene im weiteren Verlauf seines Beschwerdevorbringens mit den rechtlichen Überlegungen des Oberverwaltungsgerichts auseinandersetzt, greift er die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils an, ohne dabei fallübergreifende Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufzuwerfen.

9 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 47 Abs. 2 Satz 1, § 52 GKG.