Beschluss vom 03.07.2007 -
BVerwG 9 B 9.07ECLI:DE:BVerwG:2007:030707B9B9.07.0

Beschluss

BVerwG 9 B 9.07

  • Bayerischer VGH München - 27.07.2006 - AZ: VGH 4 ZB 05.2832

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Juli 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Vallendar und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 353,81 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage dann, wenn für die Entscheidung des vorinstanzlichen Gerichts eine konkrete fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>, vom 23. April 1996 - BVerwG 11 B 96.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 10 S. 15, vom 30. März 2005 - BVerwG 1 B 11.05 - NVwZ 2005, 709 und vom 2. August 2006 - BVerwG 9 B 9.06 - NVwZ 2006, 1290). An einer Klärungsbedürftigkeit in diesem Sinne fehlt es, wenn sich die Antwort auf die Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz oder aufgrund in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannter Rechtsgrundsätze ergibt. So liegen die Dinge hier.

3 Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam,
ob im Falle der Aufhebung eines Steuerbescheides, dessen Vollziehung auf Antrag des Bürgers gegen eine Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft ausgesetzt worden ist, dem Steuerbürger die durch die gestellte Bürgschaft angefallenen Avalkosten - Gebühren und Zinsen - von der Steuerbehörde zu erstatten sind oder nicht.

4 Das Berufungsgericht hat die für einen Anspruch auf Ersatz der Avalkosten geltend gemachten Anspruchsgrundlagen mit einer Begründung verneint, die keine revisionsgerichtlich klärungsbedürftigen Zweifel aufwirft.

5 1. Die Voraussetzungen eines Folgenbeseitigungsanspruches sind durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die weit überwiegende Auffassung in der Literatur folgt, geklärt. Der Folgenbeseitigungsanspruch richtet sich auf die Wiederherstellung jenes rechtmäßigen Zustandes, der unverändert bestünde, wenn es zu dem rechtswidrigen Eingriff nicht gekommen wäre (grundlegend Urteil vom 19. Juli 1984 - BVerwG 3 C 81.82 - BVerwGE 69, 366 <371>; Beschluss vom 16. Juni 1986 - BVerwG 2 B 67.86 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 160; Urteil vom 6. September 1988 - BVerwG 4 C 26.88 - BVerwGE 80, 178 <179>; Urteil vom 26. August 1993 - BVerwG 4 C 24.91 - Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 280 S. 66; Schoch, VerwArch. 79 (1988), 1 <23 f.> m.w.N.). Die Behörde ist demzufolge verpflichtet, ihr bzw. das von ihr angeordnete Handeln rückgängig zu machen (Gerhardt in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb § 113 Rn. 9). Dagegen erfasst der Folgenbeseitigungsanspruch nicht alle rechtswidrigen Folgen, die durch ein Tun oder ein Unterlassen der vollziehenden Gewalt eingetreten sind, insbesondere nicht diejenigen rechtswidrigen Folgen einer Amtshandlung, die erst dadurch eintreten, dass sich der Betroffene zu einer bestimmten Maßnahme entschließt.

6 So liegt hier der Fall. Die Avalkosten sind nicht als unmittelbare Folgen des Steuerbescheides entstanden, sondern erst dadurch, dass der Kläger aus eigenem Entschluss als Sicherheit eine Bürgschaft gestellt hat. Er hätte einerseits die Steuern entrichten können, wie dies § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorsieht. Stellt sich der Steuerbescheid später als rechtswidrig dar, sind im Rahmen der Rückzahlung Zinsen hierauf zu entrichten, §§ 37 Abs. 2, 233a, 238 AO. Diese sollen den Betroffenen für den Kapitalentzug für die Zeit der unberechtigten Einbehaltung der gezahlten Steuern entschädigen. Der Kläger hätte aber auch gerichtlichen Rechtsschutz gegen die in der Sicherheitsleistung liegende teilweise Ablehnung des gestellten Aussetzungsantrages in Anspruch nehmen können, § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO (zum vergleichbaren § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO vgl. BFH, Beschluss vom 28. Oktober 1981 - I B 69/80 - BFHE 134, 239 <241>). Weshalb das unzumutbar gewesen sein sollte, wie der Kläger meint, erschließt sich aus seinem Vortrag nicht.

7 2. Ebenfalls zweifelsfrei besteht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Dieses Rechtsinstitut soll rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen rückgängig machen. Die Anspruchsvoraussetzungen entsprechen denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruches (vgl. grundlegend Urteil vom 12. März 1985 - BVerwG 7 C 48.82 - BVerwGE 71, 85 <88> m.w.N.; Urteil vom 16. Dezember 2004 - BVerwG 5 C 71.03 - Buchholz 436.0 § 19 BSHG Nr. 11). Eine solche Konstellation liegt hier aber nicht vor. Der Kläger begehrt in der Sache Ersatz für einen von ihm behaupteten Schaden, nicht aber die Korrektur einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung zugunsten der Beklagten.

8 3. Soweit der Kläger eine unzutreffende Anwendung von Art. 26 Abs. 7 BayVwVZG i.V.m. § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO geltend macht, betrifft die Beschwerde irrevisibles Landesrecht, dessen Auslegung und Anwendung vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft werden kann (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO). Eine bundesrechtliche Norm, deren entsprechende Anwendung in einer Landesrechtsnorm angeordnet wird, wird Teil des nicht revisiblen Landesrechts (vgl. Urteil vom 21. Oktober 1983 - BVerwG 8 C 174.81 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 23 S. 18 f.). Schon deshalb kommt eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung dieser Streitfrage nicht in Betracht.

9 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.