Urteil vom 03.04.2003 -
BVerwG 2 WD 46.02ECLI:DE:BVerwG:2003:030403U2WD46.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 03.04.2003 - 2 WD 46.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:030403U2WD46.02.0]

Urteil

BVerwG 2 WD 46.02

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 3. April 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Oberst Gülzow,
Oberstleutnant Bünger
als ehrenamtliche Richter,
Bundeswehrdisziplinaranwalt Gebken,
Rechtsanwalt ..., ...,
als Verteidiger,
Justizangestellte Kairies
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Auf die Berufung des früheren Soldaten wird das Urteil der
  2. ... Kammer des Truppendienstgerichts ... vom 26. März 2002 aufgehoben.
  3. Der frühere Soldat hat ein Dienstvergehen begangen.
  4. Das Verfahren wird eingestellt.
  5. Die Kosten des Verfahrens und die dem früheren Soldaten darin erwachsenen notwendigen Auslagen werden dem Bund auferlegt.

Gründe

I

Der 61 Jahre alte frühere Soldat besuchte von 1952 bis 1963 das Gymnasium, das er mit dem Abitur abschloss. Aufgrund seiner Bewerbung und Verpflichtung für den freiwilligen Dienst in der Bundeswehr wurde er zum 1. April 1963 als Offizieranwärter für die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes zur .../Offizieranwärterbataillon der Luftwaffe in F. einberufen und am 4. April 1963 unter Ernennung zum Flieger zum Soldaten auf Zeit ernannt. Seine Dienstzeit wurde zunächst auf vier Jahre festgesetzt. Am 5. April 1965 wurde ihm die Eigenschaft eines Berufssoldaten verliehen.

Nach regelmäßigen Zwischenbeförderungen wurde er zuletzt mit Wirkung vom 1. Oktober 1986 zum Oberstleutnant befördert. Mit Ablauf des 31. Dezember 1997 wurde er gemäß § 1 Personalstärkegesetz in den Ruhestand versetzt.

In der Zeit vom 7. Oktober 1963 bis 24. März 1964 nahm er am Offizieranwärterlehrgang an der Offizierschule der Luftwaffe in N. teil, den er bestand. Am 21. Juli 1965 wurde er zum Lufttransportgeschwader ... in C. als Bordnavigationsfunkoffizier und zum 24. Oktober 1970 zur .../Auf-klärungsgeschwader... in B. als Kampfbeobachtungsoffizier versetzt. Den Stabsoffizier- und Auswahllehrgang der Luftwaffe bestand er am 10. Mai 1973 bei der Offizierschule der Luftwaffe in N.. Zum 16. Mai 1978 wurde er zum Luftflottenkommando in K. als Kampfbeobachtungsstabsoffizier versetzt und dort ab 1. Dezember 1981 als Stabsoffizier für die Elektronische Kampfführung eingesetzt. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 wurde er zum Bundesministerium der Verteidigung als Referent im Führungsstab der Streitkräfte versetzt.

In seiner letzten dienstlichen Beurteilung vom 18. März 1993 erhielt er in der gebundenen Beschreibung fünfmal die Wertung „1“ und neunmal die Wertung „2“. Nicht bewertet wurde das Beurteilungsmerkmal „Ausbildungsgestaltung“. In der freien Beschreibung wurde ihm für „Verantwortungsbewusstsein“, „Kameradschaft“ und „Fähigkeit zur Einsatzführung/Betriebsführung“ jeweils der Ausprägungsgrad „B“ zuerkannt. Der Beurteilende führte unter „Herausragende charakterliche Merkmale, berufliches Selbstverständnis und ergänzende Aussagen“ folgendes aus:

„OTL .... ist ein Offizier mit ruhiger, ausgeglichener Wesensart, grundanständig und loyal.

Seinen Beruf als Soldat nimmt er ernst und steht zu den damit verbundenen Rechten und Pflichten. Er drängt sich nicht auf, steht aber zur Verfügung, wenn er gebraucht wird.“

Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte nahm zu der Beurteilung wie folgt Stellung:

„Ich stimme der guten Beurteilung für diesen fachlich sehr versierten und zuverlässigen Offizier zu.“

Bei seiner Versetzung in den Ruhestand erteilte ihm der Referatsleiter FüS ... ... des Bundesministeriums der Verteidigung mit Datum vom 18. Dezember 1997 ein Dienstzeugnis, das auszugsweise wie folgt lautet:

„Herr Oberstleutnant ... ... geboren am ... in G. hat in der Bundeswehr Wehrdienst geleistet vom 1. April 1963 bis 31. Dezember 1997. Er war zuletzt vom 1. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1997 als Referent Elektronische Kampfführung im Referat Technische Aufklärung im Führungsstab der Streitkräfte des Bundesministeriums der Verteidigung eingesetzt.

...

In seinem Werdegang zum Offizier der Luftwaffe stand zunächst die Ausbildung zum Bordnavigationsfunkoffizier in Deutschland und in den USA im Vordergrund, die mit einer englischen Sprachausbildung verbunden war. Hieran schlossen sich in Deutschland der Lehrgang für Navigations-Einsatzoffiziere und in den USA die Ausbildung zum Kampfbeobachter an.

Im weiteren Verlauf seiner fliegerischen Verwendung durchlief Herr ... u.a. noch die Spezialausbildung zum Operationsstabsoffizier für Elektronische Kampfführung in den USA.

...

Nach Abschluss seiner Ausbildung zum Offizier der Luftwaffe war Herr ... ab 1965 als Bordnavigations- und Funkoffizier im Lufttransportgeschwader ... auf dem Transportflugzeug N. eingesetzt. Anschließend war er von 1970 bis 1978 im Aufklärungsgeschwader ... ‚...’ auf dem Aufklärungsflugzeug ...-... Phantom im fliegerischen Dienst tätig: zunächst als Kampfbeobachterlehroffizier, später zusätzlich als Navigationseinsatzoffizier und schließlich als Einsatz- und Ausbildungsoffizier für Elektronische Kampfführung. Dabei erzielte er beeindruckende Leistungen und entwickelte sich zu einer wichtigen Stütze seines Verbandes. Sein großes Können stellte er vor allem während NATO-Aufklärungswettbewerben unter Beweis. Von 1978 bis 1990 war Herr ... dann im Luftflottenkommando tätig, wobei er 8 Jahre als Kampfbeobachtungsoffizier und Stabsoffizier für die Elektronische Kampfführung eingesetzt wurde und danach 4 Jahre als Dezernatsleiter für die Elektronische Kampfführung verantwortlich war.

Hier kam ihm seine langjährige fliegerische Erfahrung bei der Behandlung von taktischen-technischen Problemen der Elektronischen Kampfführung bei fliegenden Waffensystemen zustatten, die er mit Phantasie, großer Umsicht und gutem technischem Verständnis löste.

Seit dem 1. Oktober 1990 wurde Herr ... dann im Referat Technische Aufklärung im Führungsstab der Streitkräfte des Bundesministeriums der Verteidigung eingesetzt. Zu seinen Aufgaben als Referent Elektronische Kampfführung gehörte die verantwortliche Bearbeitung von Grundsätzen und Einsatzplanung Elektronische Kampfführung, die teilstreitkraftübergreifende Bearbeitung von nationalen wie internationalen Aufgaben im Fachgebiet Elektronischer Kampf sowie die Vertretung Deutschlands in dem entsprechenden NATO-Gremium. Aufgrund seines Werdegangs für diese Aufgabe bestens vorbereitet, bestach Herr ... durch souveräne Fachkompetenz, hervorragendes Organisationstalent sowie vorbildliche Kommunikation mit Mitarbeitern und Vorgesetzten. Hervorzuheben sind auch sein taktvolles und gewinnendes Auftreten im Kreis der NATO sowie seine hervorragenden Englischkenntnisse in Wort und Schrift.

...

Seine Führung war sehr gut.

In seiner Tätigkeit als Referent für Elektronische Kampfführung hat er sehr gute Leistungen gezeigt.“

Mit Urkunde vom 1. April 1988 sprach der Bundesminister der Verteidigung dem früheren Soldaten zum 25-jährigen Dienstjubiläum seinen Dank und seine Anerkennung für die dem deutschen Volk geleisteten treuen Dienste aus.

Der frühere Soldat ist berechtigt, seit 21. August 1989 das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold zu tragen.

Der Auszug aus dem Zentralregister vom 5. August 2002 enthält lediglich die Eintragung der sachgleichen strafgerichtlichen Verurteilung.

Disziplinar ist der frühere Soldat nur positiv in Erscheinung getreten. Im Dienstgrad Hauptmann erhielt er zwei förmliche Anerkennungen wegen vorbildlicher Pflichterfüllung, und zwar

- am 10. Juni 1975, verbunden mit vier Tagen Sonderurlaub und

- am 24. Mai 1977, verbunden mit zwei Tagen Sonderurlaub.

Er ist seit dem 13. November 1984 geschieden. Aus der Ehe ist ein Sohn von heute 35 Jahren hervorgegangen, der in den USA lebt.

Der frühere Soldat erhält Ruhegehalt aus der 12. Dienstaltersstufe der Besoldungsgruppe A 15 des Bundesbesoldungsgesetzes in Höhe von 3.873,59 € brutto, 2.565,49 € netto, wobei in dieser Berechnung ein Versorgungsausgleich von 630,10 € abgezogen ist. Aus Mieteinnahmen bleibt ihm nach seinen Angaben ein Überschuss von ca. 500 €. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse hat er selbst als geordnet und gesichert bezeichnet.

II

III