Beschluss vom 03.04.2002 -
BVerwG 1 B 85.02ECLI:DE:BVerwG:2002:030402B1B85.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 03.04.2002 - 1 B 85.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:030402B1B85.02.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 85.02

  • Thüringer OVG - 02.08.2001 - AZ: OVG 3 KO 279/99

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. April 2002
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M a l l m a n n , H u n d und R i c h t e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 2. August 2001 wird verworfen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die ausschließlich auf Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde wendet sich gegen die Ausführungen im Berufungsurteil zu der vom Kläger zu 1 in einem Schriftsatz vom 27./28. Juni 2001 vorgetragenen Teilnahme an Kundgebungen bzw. Mahnwachen vor der Vietnamesischen Botschaft in Bonn und Berlin am "1.5.1999, 10.12.1999, 10.12.2000 und 29./30.4.2001" (Beschwerdebegründung S. 3 ff.). Sie meint, das Oberverwaltungsgericht habe den Vortrag verfahrensfehlerhaft unter Verletzung des rechtlichen Gehörs und der sich aus § 86 Abs. 1 und 3 VwGO ergebenden Aufklärungs- und Hinweispflichten des Gerichts gewürdigt. Dabei wendet sich die Beschwerde gegen folgende, von ihr wörtlich zitierte Ausführungen des Berufungsgerichts (vgl. Beschwerdebegründung S. 3/4 bzw. UA S. 43 Abs. 2):
"Zwar kann zu ihren (der Kläger) Gunsten angenommen werden, dass die Teilnahme an den Kundgebungen vor der Vietnamesischen Botschaft in Bonn bzw. - später - in Berlin, aber auch sonstiger Veranstaltungen unter freiem Himmel, eine gewisse Außenwirksamkeit in dem Sinne erzielt haben, dass eine Vielzahl von Passanten von ihnen Notiz zu nehmen in der Lage gewesen ist. Ferner kann angesichts des exponierten Demonstrationsortes - die jeweiligen Botschaftsgebäude - davon ausgegangen werden, dass eine solche Veranstaltung vom Botschaftspersonal durchaus registriert wird. Beide Kläger haben jedoch weder Angaben zu der Zahl der Demonstrationsteilnehmer, noch zu der genauen Lage, d.h. zur Entfernung ihres Standortes zum Botschaftsgebäude, gemacht, so dass nicht von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass eine gezielte Beobachtung der Demonstrationsteilnehmer aus der Botschaft heraus zu einer Identifizierung einzelner Personen geführt haben könnte. Ohnehin ist bei solchen wiederholten Aktionen fraglich, ob deren Art und Umfang einen so nachhaltigen Angriff auf das vietnamesische Regime darstellten, dass sich dieses dadurch in der Bundesrepublik bloßgestellt fühlen könnte".
Die Beschwerde meint, aus diesen Ausführungen ergebe sich, dass das Berufungsgericht ausdrücklich offen lasse, ob sich das vietnamesische Regime durch Demonstrationen vor der Botschaft bloßgestellt fühle und die Demonstrationsteilnahme deshalb - nach der an anderer Stelle geäußerten Auffassung des Berufungsgerichts - bei einer Rückkehr nach Vietnam dort zu einer willkürlichen Bestrafung führen könne. Das Berufungsgericht hätte die Kläger darauf hinweisen müssen, dass ihr Vortrag hinsichtlich der Kundgebungen vor der Botschaft in tatsächlicher Hinsicht zu lückenhaft sei, um hieraus Rückschlüsse auf eine mögliche Gefährdung ziehen zu können. Aufgrund der ausführlichen Befragung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hätten sie davon ausgehen dürfen, dass weitere Darlegungen von ihrer Seite - über die Nachfragen des Gerichts hinaus - nicht erforderlich gewesen seien. Die Entscheidung stelle sich für die Kläger als unzulässige Überraschungsentscheidung dar.
Mit diesem Vortrag werden die behaupteten Verfahrensverstöße nicht schlüssig dargelegt. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Kläger nicht angeben, was sie auf entsprechende Hinweise des Gerichts hin - also bei Gewährung des ihnen angeblich vorenthaltenen Gehörs - noch vorgetragen hätten und inwiefern dies zu einer für sie günstigeren Entscheidung hätte führen können. Dazu hätten sie namentlich die vom Oberverwaltungsgericht vermissten Angaben "zu der Zahl der Demonstrationsteilnehmer" und zur "genauen Lage, d.h. zur Entfernung ihres Standortes zum Botschaftsgebäude" machen müssen, aus denen nach der tatrichterlichen Auffassung des Berufungsgerichts Rückschlüsse auf die Bedeutung der Veranstaltung und Identifizierbarkeit des Klägers zu 1 als Teilnehmer hätten gezogen werden können.
Außerdem setzt sich die Beschwerde nicht - wie erforderlich - damit auseinander, in welchem Zusammenhang die angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts stehen und inwiefern sie insoweit überhaupt von entscheidungstragender Bedeutung sind. Daran bestehen erhebliche Zweifel, weil das Berufungsgericht seine Ausführungen wie folgt eingeleitet hat (UA S. 42):
"c) Eine exponierte Betätigung der Kläger im oben beschriebenen Sinne kann - wie bereits oben hervorgehoben - ausgeschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn das gesamte Vorbringen der Kläger zu 1) und 2) im Folgeantragsverfahren und vor Gericht mit einbezogen wird. Es bleibt unverändert bei einfachen Exilaktivitäten".
Im anschließenden Absatz heisst es ferner (UA S. 42/43):
"Auch für den Kläger zu 1) gilt, dass dessen exilpolitisches Engagement nur vordergründig geblieben ist, wozu auf die oben zu 4. getroffenen Feststellungen zu verweisen ist, die an dieser Stelle mit einbezogen werden".
Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass das Berufungsgericht zum einen nur von einer einfachen Demonstrationsteilnahme des Klägers zu 1 ausgegangen ist (vgl. UA S. 27 unter 4) und dabei zum anderen wegen Versäumung der Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG die Teilnahme an den Botschaftsdemonstrationen, nämlich an den "Veranstaltungen vom 1. Mai, 15. August, 2. September, 20. November, 9./10. Dezember 1999 sowie vom 29./30. April und 10. Dezember 2000" (UA S. 19 f.), als nicht entscheidungserheblich behandelt hat. Aus Letzterem folgt, dass das Oberverwaltungsgericht seine tatrichterliche Würdigung insoweit nur hilfsweise auf "das gesamte Vorbringen der Kläger zu 1 und 2 im Folgeantragsverfahren und vor Gericht" (UA S. 42) erstreckt hat. Dann aber beziehen sich die von der Beschwerde angegriffenen Ausführungen, soweit sie die im Folgeverfahren nicht zu berücksichtigenden Demonstrationstermine betreffen, nur auf nicht entscheidungstragende Erwägungen des Berufungsgerichts; insoweit könnten sie auch deshalb von vornherein nicht zur Zulassung der Revision führen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG n.F.