Beschluss vom 03.03.2009 -
BVerwG 4 B 59.08ECLI:DE:BVerwG:2009:030309B4B59.08.0

Beschluss

BVerwG 4 B 59.08

  • Hessischer VGH - 17.06.2008 - AZ: 11 C 2017/07.T

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. März 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil dem Kläger die erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) fehle (UA S. 5). Die Klage wäre nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs aber auch, ihre Zulässigkeit unterstellt, unbegründet (UA S. 10). Ist eine Entscheidung - wie hier - auf mehrere, jeweils für sich selbstständig tragfähige Gründe gestützt worden, kann eine Beschwerde nach § 132 Abs. 2 VwGO nur Erfolg haben, wenn der Zulassungsgrund bei jedem der Urteilsgründe zulässig vorgetragen und gegeben ist (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328). Im vorliegenden Fall greifen die gegen die Verneinung der Klagebefugnis zielenden Rügen nicht durch. Schon aus diesem Grund können auch die übrigen Rügen der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

3 Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage macht die Beschwerde allein geltend, dass die Sache rechtsgrundsätzliche Bedeutung habe (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Als rechtsgrundsätzlich bedeutsam wirft sie zunächst die Frage auf,
ob § 10 Abs. 2 Nr. 1 LuftVG dahingehend auszulegen ist, dass das in dieser Vorschrift eröffnete Beteiligungsrecht zu einem materiellen Beteiligungsrecht (subjektives Recht auf Beteiligung) erstarkt, wenn durch ein Vorhaben die öffentliche Einrichtung einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes berührt wird (Frage a).

4 Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen.

5 Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangen, dass es sich bei der Beteiligung des Klägers an der Betreiberin des Flughafens Paderborn/Lippstadt nicht - wie in der Frage vorausgesetzt und allein entscheidungserheblich - um eine von diesem getragene kommunale Einrichtung handele. Hierzu fehle es dem als Verkehrsinfrastrukturanlage zu betrachtenden Flughafen an dem örtlichen Bezug. Abgesehen davon, dass die Einrichtung nicht nur oder zuvörderst den Kreisangehörigen zur Benutzung offen stehe, würden die Leistungen vor allem nicht als solche des Landkreises angeboten und genutzt, da dieser nicht Träger des Flughafens sei. Der Flughafen werde vielmehr von einer Gesellschaft des privaten Rechts wirtschaftlich betrieben. Soweit der Kläger mit seiner Mehrheitsbeteiligung den Betrieb des Flughafens zu gewährleisten suche, handele es sich um eine freiwillig übernommene Aufgabe wirtschaftlicher Art (UA S. 6 f.).

6 Soweit diese Ausführungen tatsächliche Feststellungen und tatrichterliche Würdigungen enthalten, wäre der Senat hieran gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Soweit es um die Rechtsfrage geht, unter welchen Voraussetzungen die Beteiligung eines Landkreises an einer in der Form einer GmbH geführten Betreiberin eines Flughafens eine kommunale Einrichtung des Landkreises darstellt, zeigt die Beschwerde einen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf nicht auf. Sie wirft zwar Rechtsfragen zu einzelnen Voraussetzungen für das Vorliegen einer öffentlichen Einrichtung eines Gemeindeverbandes auf. So möchte sie geklärt wissen,
- ob vor dem Hintergrund des § 10 Abs. 2 Nr. 1 LuftVG der örtliche Bezug einer öffentlichen Einrichtung eines Gemeindeverbandes auch dann gegeben ist, wenn die öffentliche Einrichtung zwar zur Befriedigung des Bedarfs der Einwohner des Gemeindeverbandes geschaffen wurde, darüber hinaus aber auch von anderen Personen genutzt wird (Frage e),
- ob die öffentliche Einrichtung eines Gemeindeverbandes vor dem Hintergrund von Art. 28 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 Nr. 1 LuftVG trotz ihrer wirtschaftlichen Ausrichtung jedenfalls dann zum geschützten Aufgabenbereich einer Gebietskörperschaft gehört, wenn sie geschaffen wurde, um ein solch herausragendes öffentliches Interesse zu tragen, dass damit ein Planfeststellungsbeschluss mit eigentumsrechtlicher Vorwirkung gerechtfertigt werden konnte (Frage f) und
- ob ein Gemeindeverband auch dann als Träger einer öffentlichen Einrichtung anzusehen ist, wenn er sich zur Errichtung der öffentlichen Einrichtung mit umliegenden Gemeindeverbänden zusammengeschlossen und eine GmbH gegründet hat (Frage g).

7 Die Beschwerde legt jedoch nicht - wie dies erforderlich wäre - dar, anhand welchen bundesrechtlichen Maßstabs diese Fragen zu beantworten sein sollten und inwiefern dieser bundesrechtliche Maßstab der weiteren Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf.

8 Als bundesrechtlicher Maßstab dürfte insoweit allein Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG in Betracht kommen. Nach dieser Vorschrift haben auch die Gemeindeverbände im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG den Gemeindeverbänden - und damit den Kreisen - anders als Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden gerade keinen bestimmten Aufgabenbereich sichert; anders als bei den Gemeinden beschreibt die Verfassung die Aufgaben der Kreise nicht selbst, sondern überantwortet dies dem Gesetzgeber (BVerfG, Beschlüsse vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 - BVerfGE 79, 127 <150> und vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 - BVerfGE 83, 363 <383>; Urteil vom 20. Dezember 2007 - 2 BvR 2433, 2434/04 - BVerfGE 119, 331 <352 f.>). Auf eine bundesgesetzliche Aufgabenzuweisung hat sich der Kläger selbst nicht berufen. Angeführt hat er § 107 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, der über § 53 Abs. 1 der Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen auch für die Landkreise Geltung hat. Diese Vorschrift beschreibt nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs jedoch nicht den Bereich der Selbstverwaltungsaufgaben, sondern ermöglicht den Gebietskörperschaften die wirtschaftliche Betätigung darüber hinausgehend in Form des „Betriebs von Unternehmen“ (UA S. 7). An diese Auslegung des Landesrechts wäre der Senat gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO gebunden.

9 Sind Gründe für die Zulassung der Revision im Hinblick auf die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die mehrheitliche Beteiligung des Klägers an den Betrieb des Flughafens Paderborn/Lippstadt keine wehrfähige, durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützte Rechtsposition darstelle, nicht gegeben, würden sich auch die weiteren als rechtsgrundsätzlich bezeichneten Fragen (Fragen b, c, d, h) in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn sie betreffen die Reichweite des Schutzes kommunaler Einrichtungen und setzen damit voraus, dass sich aus der genannten Beteiligung überhaupt eine geschützte Rechtsposition des Klägers ergibt.

10 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.