Beschluss vom 03.02.2004 -
BVerwG 4 B 4.04ECLI:DE:BVerwG:2004:030204B4B4.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 03.02.2004 - 4 B 4.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:030204B4B4.04.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 4.04

  • Bayerischer VGH München - 20.10.2003 - AZ: VGH 15 B 02.1577

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Februar 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. L e m m e l , H a l a m a und G a t z
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 112 € festgesetzt.

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen ergibt nicht, dass die Revision wegen der behaupteten Abweichung der angefochtenen Entscheidung von einer höchstrichterlichen Entscheidung oder wegen des geltend gemachten Verfahrensfehlers zuzulassen ist.
Zu Unrecht meint die Beschwerde, das Urteil des Berufungsgerichts stehe mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - (BVerwGE 109, 314) nicht im Einklang. Das Berufungsurteil enthält keinen entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz, der einem ebensolchen Rechtssatz in der angegebenen Senatsentscheidung widerspricht. Die Berufungsentscheidung sieht ein kurzzeitiges Schließen der Fenster und den Einbau von Schallschutzfenstern in Wohnräumen, die der Schallquelle zugewandt sind, als dem Bauherrn mögliche und zumutbare Maßnahmen der "architektonischen Selbsthilfe" zur Minderung der eigenen Lärmbetroffenheit an. Eine Aussage, die dem entgegenstünde, enthält das Urteil vom 23. September 1999 nicht. Der Senat erkennt darin weder ausdrücklich noch konkludent nur eine von der Immissionsquelle abgewandte Anordnung von Wohnräumen und ihrer notwendigen Fenster als Maßnahme "architektonischer Selbsthilfe" an. Die im Urteil im Einzelnen aufgezählten baulichen Gestaltungsmittel und Vorkehrungen sind beispielhaft genannt ("z.B.") und ergeben keinen als abschließend zu verstehenden Maßnahmenkatalog.
Der Vorwurf an das Berufungsgericht, dem Kläger das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) abgeschnitten zu haben, entbehrt der Berechtigung. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>). Davon kann vorliegend keine Rede sein. Das Berufungsgericht hat sich mit der im Berufungsverfahren vorgebrachten Ansicht des Klägers, die dem Beigeladenen nach Art. 70 Abs. 1 BayBO gestattete Abweichung von den Abstandsvorschriften sei rechtswidrig, auseinander gesetzt und sie durch die Bezugnahme auf seine Ausführungen zu § 34 Abs. 1 BauGB im Kern mit der Begründung verworfen, das Interesse des Klägers an einem spiegelbildlichen Grenzbau sei bislang rein theoretischer Natur und als bloße Option für die Zukunft nicht schutzwürdig. Die an dieser Rechtsauffassung geäußerte Kritik der Beschwerde geht am Anwendungsbereich des Art. 103 Abs. 1 GG vorbei. Die Vorschrift schützt nicht vor einer als handgreiflich falsch empfundenen Anwendung sachlichen Rechts. Aus der von der Beschwerde zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Januar 1985 - 1 BvR 876/84 - (BVerfGE 69, 145 <149>) ergibt sich nichts anderes. Darin wird nicht die offenkundig unrichtige Anwendung jedweder Vorschrift als Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG gewertet, sondern nur die offensichtlich unzutreffende Handhabung von Präklusionsvorschriften. Das ist in der Tat zwingend, weil Präklusionsvorschriften die Gerichte daran hindern, sich mit dem präkludierten Vorbringen eines Beteiligten überhaupt zu befassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertentscheidung auf § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.