Verfahrensinformation

Der Kläger, Träger einer Waldorfschule, wendet sich gegen die Höhe der vom Beklagten festgesetzten Beiträge zur Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung für die Jahre 2006 und 2007. Seit 1995 führt der Kläger für seine Lehrkräfte eine betriebliche Zusatzversorgung durch. Seit 2000 sagt er denjenigen, die sich von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien lassen, eine beamtenähnliche „Waldorf-Versorgung“ zu. Der Beklagte ging bei der Festsetzung der Insolvenzsicherungsbeiträge davon aus, die Waldorf-Versorgungszusagen seien als Änderung der früheren Zusatzversorgungszusagen einzuordnen und deshalb schon mit deren Unverfallbarkeit beitragswirksam geworden. Der Kläger machte dagegen geltend, die „Waldorf-Zusagen“ stellten Neuzusagen dar, die eine eigene Unverfallbarkeitsfrist auslösten und daher erst später beitragswirksam würden. Seine Klage hatte in zweiter Instanz Erfolg. Die dagegen eingelegte Revision des Beklagten beruft sich auf das Prinzip der Einheit der Versorgungszusage. Danach seien Zusatz- und Waldorf-Versorgungszusage wie eine einzige Zusage zu behandeln, sodass die jeweils spätere Zusage bereits mit der früheren beitragswirksam werde.


Urteil vom 02.12.2015 -
BVerwG 10 C 19.14ECLI:DE:BVerwG:2015:021215U10C19.14.0

Änderung betrieblicher Zusatz- durch Vollversorgungszusagen

Leitsätze:

1. Eine Änderung der Versorgungszusage im Sinne des § 1b Abs. 1 Satz 3 BetrAVG kann auch bei aufeinanderfolgenden Zusagen vorliegen (Prinzip der Einheit der Versorgungszusage). Dazu muss zwischen beiden Zusagen zumindest ein sachlicher Zusammenhang bestehen (wie BAG, Urteil vom 28. April 1992 - 3 AZR 354/91 -).

2. Ein sachlicher Zusammenhang ist gegeben, wenn die Zweitzusage die Erstzusage ganz oder teilweise ex tunc ersetzt oder ex nunc ablöst, das mit ihr gegebene Versorgungsversprechen umgestaltet oder es - etwa durch Aufstocken von Leistungen - ergänzt (Anschluss an BAG, Urteile vom 12. Februar 1981 - 3 AZR 163/80 - und vom 28. April 1981 - 3 AZR 184/80 -).

3. Wird nach der Zusage einer arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersrente denjenigen Mitarbeitern, die sich von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien lassen, eine zur Zusatzversorgung hinzutretende Vollversorgung in Gestalt einer höheren Altersrente zugesagt, liegt darin eine die Erstzusage ergänzende Änderung jedenfalls dann, wenn beide Zusagen gemeinsam durch einander ergänzende Versorgungsbausteine ein bestimmtes Versorgungsniveau sichern. Dafür kommt es allein auf ihre objektive Funktion und nicht auf die Absichten oder Motive des Zusagenden an.

  • Rechtsquellen
    BetrAVG § 1 Abs. 1 Satz 1, § 1b Abs. 1 Satz 1 und 3, § 7a
    Abs. 2, § 10 Abs. 1 bis 3, § 17 Abs. 3 Satz 3
    BGB § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 Halbs. 2

  • VG Schleswig - 10.12.2009 - AZ: VG 6 A 203/08
    OVG Schleswig - 23.01.2014 - AZ: OVG 3 LB 14/11

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 02.12.2015 - 10 C 19.14 - [ECLI:DE:BVerwG:2015:021215U10C19.14.0]

Urteil

BVerwG 10 C 19.14

  • VG Schleswig - 10.12.2009 - AZ: VG 6 A 203/08
  • OVG Schleswig - 23.01.2014 - AZ: OVG 3 LB 14/11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 2. Dezember 2015
durch
den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler
und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Hoock und Dr. Rublack
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. Januar 2014 wird geändert. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger ist Träger einer Waldorfschule in L. und führt für seine Lehrkräfte seit 1995 eine betriebliche Altersversorgung durch. Er wendet sich gegen die Höhe der vom Beklagten für die Jahre 2006 und 2007 festgesetzten Insolvenzsicherungsbeiträge nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG).

2 Mit Versorgungsordnung vom 1. August 1995 (VO 1995) gewährte der Kläger seinen Lehrkräften eine Zusatzversorgung in Gestalt einer arbeitgeberfinanzierten monatlichen Altersrente. Sie sollte in Verbindung mit der gesetzlichen Rente einen Übergang in den Ruhestand mit annähernd gleichen Nettobezügen wie in der aktiven Dienstzeit ermöglichen. Als der Kläger dieses Ziel durch die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung gefährdet sah, gewährte er mit Versorgungsordnung vom 12. Oktober 1999 (VO 1999) den Mitarbeitern, die sich von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien ließen, eine arbeitgeberfinanzierte monatliche Altersrente zur Vollversorgung. Im Dezember 1999 stellte das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Schleswig-Holstein fest, die VO 1999 und die dazu vereinbarte Rückdeckung erfüllten die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Im September 2000 befreite die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die hauptamtlichen Lehrkräfte des Klägers mit vertraglichen Versorgungsanwartschaften von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Neben der Vollversorgung führt der Kläger auch die - 2005 modifizierte - Zusatzversorgung fort. Beide lässt er durch die Hannoversche Unterstützungskasse e.V. und das dort errichtete Waldorf-Versorgungswerk abwickeln. Den nach dem 31. März 2003 eingestellten Lehrkräften gewährt er die Vollversorgung nach §§ 11, 12 Abs. 8 der Versorgungsordnung vom 20. Februar 2003 (VO 2003) unter - bedingter - Anrechnung früher erworbener Versorgungsanwartschaften.

3 Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 8. Juli 2008 die Insolvenzsicherungsbeiträge für die Jahre 2001 bis 2007 sowie den für 2008 zu zahlenden Vorschuss fest. Dabei behandelte er die seit 2000 erteilten Vollversorgungszusagen gemäß § 1b Abs. 1 Satz 3 BetrAVG als Änderungen der denselben Mitarbeitern zuvor erteilten Zusatzversorgungszusagen und ging davon aus, die Vollversorgungsanwartschaft sei jeweils mit der Zusatzversorgungsanwartschaft beitragswirksam geworden. Bei umgekehrter Reihenfolge der Zusagen nahm er an, die Zusatzversorgungszusage habe die Vollversorgungszusage geändert. Dies führte nach der Aufstellung des Beklagten vom 27. Februar 2009 (Bl. 51 d.A.) zu höheren Beitragsfestsetzungen als bei isolierter Betrachtung der Zusagen, soweit die Vollversorgungsanwartschaften der Mitarbeiter zu 13 bis 16 bereits bei der Festsetzung für 2006 - statt 2007 - berücksichtigt wurden und die Zusatzversorgungsanwartschaft des Mitarbeiters zu 17 schon in die Festsetzung für 2007 - und nicht nur in die Vorschussberechnung für 2008 - einbezogen wurde.

4 Der Kläger hat nach erfolglosem Widerspruch Klage erhoben und vorgetragen, die Vollversorgungszusagen stellten keine Änderung der Zusatzversorgungszusagen dar, sondern Neuzusagen, die erst fünf Jahre nach ihrer Erteilung gesetzlich unverfallbar und beitragswirksam würden. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger seinen Teilanfechtungsantrag in Anlehnung an die Aufstellung vom 27. Februar 2009 beziffert und begehrt, die Festsetzung des Beitrags für 2006 in Höhe von 212,24 € und die für 2007 in Höhe von 2,54 € aufzuheben. Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung des Klägers stattgegeben. Das Prinzip der Einheit der Versorgungszusage greife nicht ein, weil kein sachlicher Zusammenhang zwischen Zusatz- und Vollversorgungszusagen bestehe. Letztere hätten Erstere nicht erhöht, sondern nur die gesetzliche Rente ersetzt. Aus der bedingten Anrechnung der Zusatzversorgung ergebe sich nichts anderes. Sie werde von § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI gefordert und kürze nicht die Zusatz-, sondern die Vollrente. Mit dem Schutz der Mitarbeiter sei keine Einheit der Zusagen zu begründen. Begünstigt würden dadurch nur die seit fünf Jahren beim Kläger Beschäftigten.

5 Dagegen wendet sich die Revision des Beklagten. Dieser macht geltend, der sachliche Zusammenhang der Zusagen ergebe sich daraus, dass die Vollversorgungszusage an die Mitarbeiter zu 13 bis 16 deren Zusatzrente und die Zusatzversorgungszusage an den Mitarbeiter zu 17 dessen Vollrente bei gleicher Leistungs- und Finanzierungsart aufstocke. Auch der Zweck, eine beamtenähnliche Versorgung der Mitarbeiter zu gewährleisten, sei unverändert geblieben.

6 Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. Januar 2014 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2009 zurückzuweisen.

7 Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8 Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt das Vorbringen des Beklagten, ohne einen Antrag zu stellen.

II

9 Die Revision des Beklagten ist zulässig und begründet. Das angegriffene Urteil beruht auf einer unrichtigen Anwendung des § 1b Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Die Festsetzungen des Insolvenzsicherungsbeitrags für 2006 und 2007 im Bescheid des Beklagten vom 8. Juli 2008 sind, soweit sie angefochten wurden, von § 10 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 1b Abs. 1 Satz 1 und 3 BetrAVG in der hier einschlägigen, im Zeitpunkt der Beitragserhebung geltenden Fassung der Änderung durch Art. 9 Abs. 16 Nr. 1 des Gesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631) gedeckt.

10 Der Kläger ist nach § 10 Abs. 1 BetrAVG insolvenzsicherungsbeitragspflichtig. Wie die Vorinstanz zu Recht angenommen hat, führt er die betriebliche Altersversorgung für seine Mitarbeiter im Wege unmittelbarer Versorgungszusagen durch. Die Hannoversche Unterstützungskasse e.V. fungiert auch nach §§ 1, 3 Abs. 1 der "Unterstützungskassenzusage" vom 21. Juni 2005 nicht als Versorgungsträger. Sie wickelt nur die vom Kläger selbst geschuldete Versorgung ab.

11 Die Höhe des festzusetzenden Jahresbeitrags ergibt sich aus dem Gesamtjahresbeitragsbedarf nach § 10 Abs. 2 BetrAVG, gegen dessen Ermittlung keine Einwände erhoben wurden, und dessen Umlage auf die beitragspflichtigen Arbeitgeber nach Absatz 3 der Vorschrift. In die dort geregelte Beitragsbemessungsgrundlage sind nach Halbsatz 1 neben den laufenden Versorgungsleistungen diejenigen Versorgungsanwartschaften einzurechnen, die gemäß § 1b BetrAVG gesetzlich unverfallbar geworden sind. Maßgeblicher Zeitpunkt dafür ist der Schluss des Wirtschaftsjahrs des Arbeitgebers, das im abgelaufenen Kalenderjahr geendet hat. Das Berufungsurteil geht davon aus, dass das Wirtschaftsjahr des Klägers sich mit dem Kalenderjahr deckt. An diese nicht mit Verfahrensrügen angegriffene Tatsachenfeststellung ist die revisionsgerichtliche Beurteilung nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Danach ist für die Bemessung des Beitrags für 2006 auf das Jahresende 2005 und für die des Beitrags für 2007 auf das Jahresende 2006 abzustellen.

12 Zum Jahresende 2005 waren nicht nur die Zusatzversorgungsanwartschaften der Mitarbeiter zu 13 bis 16, sondern auch deren Vollversorgungsanwartschaften gesetzlich unverfallbar geworden. Für die vier Zusatzversorgungsanwartschaften lief die Unverfallbarkeitsfrist von fünf Jahren seit der Erteilung der Zusagen (zur Berechnung nach § 1b Abs. 1 Satz 1 BetrAVG i.V.m. § 187 Abs. 2 Satz 1, § 188 Abs. 2 Halbs. 2 BGB; vgl. BAG, Urteil vom 14. Januar 2009 - 3 AZR 529/07 - NZA 2010, 226 f.) mit dem 31. Dezember 2005 ab. Die maßgeblichen - unstreitigen - Daten ergeben sich aus der Aufstellung vom 27. Februar 2009, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat und deren Feststellung den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindet.

13 Mit den Zusatzversorgungsanwartschaften wurden gemäß § 1b Abs. 1 Satz 3 BetrAVG auch die Vollversorgungsanwartschaften der Mitarbeiter zu 13 bis 16 gesetzlich unverfallbar, weil die Vollversorgungszusagen die diesen Mitarbeitern sieben Monate zuvor erteilten Zusatzversorgungszusagen änderten. Nach § 1b Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 BetrAVG unterbricht eine Änderung der Versorgungszusage nicht den Lauf der Unverfallbarkeitsfrist nach Satz 1 der Regelung. Die Unverfallbarkeit tritt also auch in diesen Fällen fünf Jahre nach Erteilung der ursprünglichen Zusage ein und erstreckt sich auf die Versorgungsanwartschaft in der Gestalt, die sie durch die Änderung der Zusage erhalten hat (vgl. BAG, Urteil vom 12. Februar 1981 - 3 AZR 163/80 - BAGE 35, 71 <76 f.>). Eine Änderung setzt nicht voraus, dass die ursprüngliche Zusagenerklärung modifiziert wird. Vielmehr genügt eine Änderung des mit ihr gegebenen Versorgungsversprechens durch eine nachfolgende weitere Zusage des Arbeitgebers. Das ergibt sich aus dem Regelungszweck des § 1b Abs. 1 Satz 3 BetrAVG. Die Vorschrift geht vom Prinzip der Einheit der Versorgungszusage aus und soll den Arbeitnehmer davor schützen, die Unverfallbarkeitsfrist bei nachträglichen Umgestaltungen des Versorgungsversprechens erneut zurücklegen zu müssen. Das gilt insbesondere, aber nicht allein für Verbesserungen der zugesagten Leistung (BAG, Urteile vom 12. Februar 1981 - 3 AZR 163/80 - BAGE 35, 71 <76 f.> und vom 28. April 1981 - 3 AZR 184/80 - BAGE 37, 19). Gleichzeitig schützt die Vorschrift die Mobilität der Arbeitnehmer nach Ablauf der Fünfjahresfrist, da ihnen die unverfallbar gewordene Anwartschaft bei einem Arbeitsplatzwechsel erhalten bleibt (BT-Drs. 7/1281 S. 23; BAG, Urteil vom 12. Februar 1981 - 3 AZR 163/80 - BAGE 35, 71 <76 f.>). Diesen Zwecken der Regelung widerspräche es, Zweit- oder Folgezusagen stets als Neuzusagen zu behandeln, weil dann der Anwartschaftsschutz beliebig durch die Erstzusage durchbrechende oder ablösende weitere Zusagen umgangen werden könnte.

14 Die Einordnung einer Zweitzusage als Änderung der Erstzusage setzt allerdings voraus, dass zwischen beiden ein sachlicher Zusammenhang besteht (BAG, Urteil vom 28. April 1992 - 3 AZR 354/91 - BetrAV 1992, 229). Dessen Vorliegen oder Fehlen ist nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich der Senat anschließt, liegt ein sachlicher Zusammenhang vor, wenn die Zweit- oder Folgezusage die Erstzusage ganz oder teilweise ex tunc ersetzt oder ex nunc ablöst, das mit ihr gegebene Versorgungsversprechen umgestaltet oder es - etwa durch Aufstocken von Leistungen - ergänzt. Eine Abrede zur Herstellung des Zusammenhangs ist nicht erforderlich; auch auf die Motive und Vorstellungen des Zusagenden kann es nicht ankommen, da sonst die gesetzliche Unverfallbarkeit entgegen § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG zu dessen Disposition gestellt würde (vgl. BAG, Urteil vom 12. Februar 1981 - 3 AZR 163/80 - BAGE 35, 71 <78 f.>). Vielmehr genügt für eine Ergänzung durch Aufstocken von Leistungen beispielsweise, wenn Folgezusagen auf demselben Durchführungsweg zu einer Addition gleichartiger Leistungen der Altersversorgung und damit wirtschaftlich zu einer Erhöhung der ursprünglichen Zusage führen (BAG, Urteil vom 12. Februar 1981 - 3 AZR 163/80 - BAGE 35, 71 <77 f.>). Dabei ist unerheblich, in welchem Umfang die später zugesagten Leistungen über die ursprünglich zugesagten hinausgehen. § 1b Abs. 1 Satz 3 BetrAVG greift daher auch ein, wenn nach einer Unterstützungskassenrente eine wesentlich höhere Gesamtpension unmittelbar zugesagt wird (BAG, Urteil vom 28. April 1981 - 3 AZR 184/80 - BAGE 37, 19).

15 Hier ergänzt die 1999 unmittelbar zugesagte Vollversorgung die neben ihr weitergeführte, auf demselben Durchführungsweg versprochene Zusatzversorgung. Wie deren Zusage ist die Vollversorgungszusage der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, da sie die abschließende, nicht dispositive Legaldefinition des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG erfüllt. Beide Zusagen dienen im Wesentlichen der Sicherung der Versorgung im Alter. Beide haben gleichartige Leistungen - nämlich eine monatliche Geldrente - zum Gegenstand. Die Vollversorgungsrente tritt bei den Mitarbeitern zu 13 bis 16 zur früher zugesagten Zusatzrente hinzu. Nach der vom Gesetzeszweck gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung der Addition zweier gleichförmiger Leistungen (BAG, Urteil vom 12. Februar 1981 - 3 AZR 163/80 - BAGE 35, 71 <76 f.>) steht sie einer Erhöhung des ursprünglich versprochenen Rentenbetrags gleich.

16 Das Berufungsurteil hält dies nicht für ausreichend, sondern nimmt an, es bedürfe eines darüber hinaus gehenden funktionalen Bezugs der Zweit- zur Erstzusage. Diesen verneint es mit der Erwägung, die Vollversorgung solle nicht die Zusatzversorgung aufstocken, sondern die gesetzliche Rente ersetzen. Jedenfalls mit der zweiten Erwägung wendet es die eben dargelegten Kriterien für das Vorliegen einer Änderung unrichtig an. Maßgeblich ist nicht die Beziehung der Zweitzusage zu Quellen anderweitiger, nicht-betrieblicher Altersversorgung wie den gesetzlichen Rentenansprüchen, sondern allein der sachliche Zusammenhang der Zweit- mit der Erstzusage. Er fehlt hier nicht schon, weil die Zweitzusage nicht auf eine - weitere - Zusatzrente gerichtet ist. Für die Gleichartigkeit der Leistungen genügt es, dass die Form der geschuldeten Leistungen gleich ist (vgl. oben Rn. 14 zum Fall der zur Unterstützungskassenrente hinzutretenden Gesamtpension). Ob das Berufungsurteil zu Recht einen darüber hinaus gehenden funktionalen Zusammenhang fordert, bedarf keiner Entscheidung. Selbst wenn diese Forderung zuträfe, wäre sie nach den bindenden vorinstanzlichen Feststellungen hier erfüllt. Danach erfüllen die Zweit- und die neben ihr fortgeführte Erstzusage gemeinsam die Funktion, durch einander ergänzende Versorgungsbausteine ein beamtenähnliches Versorgungsniveau für die von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreiten Mitarbeiter zu sichern. Dies hat der Kläger in der Revisionsverhandlung bestätigt und ausgeführt, die Zusatzversorgung decke Lücken der Vollversorgung ab, soweit Vordienstzeiten nicht angerechnet würden. Die zwischenzeitliche Umstellung der Zusatzversorgung auf eine beitragsorientierte Versorgung ändert daran nichts, sodass offenbleiben kann, ob sie gegenüber den Mitarbeitern zu 13 bis 16 wirksam geworden ist.

17 Ob auch die bedingte Anrechnung von Leistungen einen sachlichen Zusammenhang herstellt, kann dahinstehen. Die Anrechnungsregeln der §§ 11, 12 Abs. 8 der Versorgungsanordnung vom 20. Februar 2003 (VO 2003) gelten nicht für die hier betroffenen, vor dem 1. April 2003 eingestellten Mitarbeiter. Auf die Erwägung des Berufungsurteils, der Schutzzweck des § 1b Abs. 1 Satz 3 BetrAVG gebiete keine erweiternde Auslegung, und auf die Bedenken gegen die dazu angeführten, auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützten Gründe muss ebenfalls nicht eingegangen werden. Das Tatbestandsmerkmal der Änderung ist auch ohne erweiternde Auslegung erfüllt. Der vom Kläger geforderten teleologischen Reduktion des § 1b Abs. 1 Satz 3 BetrAVG vermag der Senat nicht zu folgen. Die Rückdeckung der späteren Zusage macht eine Insolvenzsicherung nach § 10 Abs. 1 BetrAVG weder entbehrlich noch kann sie die Beitragswirksamkeit der Zusagen im Widerspruch zum Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang und dem Regelungszweck des Anwartschaftsschutzes gemäß § 10 Abs. 3 i.V.m. § 1b Abs. 1, § 7 Abs. 2, § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG über den Zeitpunkt der gesetzlichen Unverfallbarkeit hinaus aufschieben.

18 Zu Recht ist der Beklagte auch von der Beitragswirksamkeit der Zusatzversorgungsanwartschaft des Mitarbeiters zu 17 mit Ende des Jahres 2006 ausgegangen. Nach den oben dargelegten Kriterien änderte die Zusatzversorgungszusage die frühere Vollversorgungszusage durch Aufstocken eines weiteren Rentenbausteins zur Gewährleistung einer beamtenähnlichen Versorgung.

19 Andere Gründe für die Rechtswidrigkeit der Beitragsfestsetzungen im angegriffenen Umfang sind weder geltend gemacht noch aufgrund der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz zu ersehen. Da diese eine abschließende Entscheidung zulassen, kann der Senat nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO in der Sache selbst entscheiden und die Berufung des Klägers zurückweisen.

20 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.