Beschluss vom 02.12.2010 -
BVerwG 3 C 33.10ECLI:DE:BVerwG:2010:021210B3C33.10.0

Beschluss

BVerwG 3 C 33.10

  • Niedersächsisches OVG - 18.06.2009 - AZ: OVG 8 LC 9/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Dezember 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert
und Buchheister
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Kläger gegen das Urteil des Senats vom 26. August 2010 (BVerwG 3 C 28.09 ) wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge der Kläger ist unbegründet. Der Senat hat ihren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht im Sinne von § 152a Abs. 1 Nr. 2 VwGO in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

2 Die Kläger begründen eine Gehörsverletzung zuerst mit dem Umstand, dass kurz nach der Verkündung des Revisionsurteils eine Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts mit dem Ergebnis des Verfahrens veröffentlicht worden ist. Durch eine solche Vorformulierung des Prozessergebnisses - so die Kläger sinngemäß - begebe sich das Gericht einer unvoreingenommenen Wertung des Parteivortrags in der mündlichen Verhandlung und verletze Art. 103 Abs. 1 GG. Dieser Vorwurf ist unbegründet. Die Pressemitteilung über den Ausgang des Verfahrens ist nicht vor der mündlichen Verhandlung des Senats verfasst worden, sondern im Anschluss an die Beratung und Abstimmung über die Sache. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Erklärung des Vorsitzenden vom 2. November 2010 verwiesen. Die Vorbereitung des Entwurfs der Pressemitteilung durch den Berichterstatter begründet - ebenso wie die Vorbereitung in der Sache selbst durch Anfertigung eines Gutachtens - keine Vorfestlegung des Senats auf ein bestimmtes Ergebnis.

3 Die Kläger rügen weiter, der Senat habe das Revisionsurteil unzulässigerweise durch Zitierung anonymer Quellen auf eigene Tatsachenfeststellungen gestützt; damit hätten sie nicht rechnen müssen. Auch diese Rüge zeigt keinen Gehörsverstoß auf. Der Senat hat lediglich die Richtigkeit der Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht auf der Grundlage des vorhandenen Prozessstoffes bestätigt. Dass dabei in dem Revisionsurteil mitunter dieser Prozessstoff ausdrücklich wiedergegeben oder auf den Inhalt bestimmter zu den Gerichtsakten gereichter Unterlagen verwiesen wird, bedeutet weder einen Verstoß gegen § 137 Abs. 2 VwGO noch eine Verletzung rechtlichen Gehörs, zumal der Senat die für ihn wesentlichen Tatsachengrundlagen durch den Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht hat. Im Einzelnen gilt zu den von den Klägern monierten Passagen in dem Revisionsurteil Folgendes: Die Ausführungen unter Randnummer 16 beziehen sich auf die in den Vorinstanzen und im Verwaltungsverfahren zu den Akten gereichten, den Klägern bekannten und zwischen den Beteiligten hinlänglich thematisierten Darstellungen des Synergetik-Instituts und der Berufsverbände; sie zu erwähnen verletzt die Kläger nicht in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör. Davon abgesehen betreffen diese Ausführungen des Senats nach dem Gang der Entscheidungsgründe nur eine ergänzende Erwägung; sie sind somit nicht entscheidungserheblich. Die Ausführungen unter Randnummern 19, 20 und 22 bestätigen lediglich die Richtigkeit der rechtlichen Würdigung der Tatsachen durch das Berufungsgericht. Soweit dort bestimmte Unterlagen angeführt werden (Brustkrebsstudie, Broschüre zur Eröffnung des Infocenters in Goslar), sind sie bereits vom Tatsachengericht ausgewertet worden. Unabhängig davon kann es die Kläger unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs nicht ernsthaft überraschen, wenn von ihnen selbst herrührende bzw. in den Prozess eingeführte Materialien über die Synergetik-Methode Eingang in die Entscheidung finden. Unter Randnummer 25 trifft der Senat (ebenfalls) keine Tatsachenfeststellungen, sondern erörtert den Einwand der Kläger, dem Tatsachengericht hätte sich die Einholung eines Sachverständigengutachtens aufdrängen müssen. Unter Randnummer 29 wird lediglich die Rechtsfrage abgehandelt, ob eine mittelbare Gefahr durch bestimmte Patienteninformationen hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann. Die gesamten Ausführungen des Senats zur mittelbaren Gefahr sind im Übrigen, wie sich aus Randnummer 28 des Revisionsurteils ergibt, nicht entscheidungstragend. Unbeschadet all dessen leidet die Gehörsrüge insoweit daran, dass die Kläger nicht darlegen, welchen konkreten Vortrag sie gegenüber dem Senat nicht haben zu Gehör bringen können. Der bloße Hinweis, an einer Richtigstellung von groben Missverständnissen gehindert worden zu sein, reicht dazu nicht aus.

4 Auch die Ausführungen der Klägerin zu den behaupteten Unterschieden zwischen dem Profiling und der von ihr nur angewandten Synergetik-Methode, die sich schon bei Erlass der Verbotsverfügung nicht mit Krankheiten befasst habe, hat der Senat nicht übergangen. Sie werden zusammengefasst als Klägervortrag wiedergegeben (s. Rn. 9 des Revisionsurteils) und in den Rechtsausführungen des Urteils beschieden, indem dort einerseits klargestellt wird, dass Streitgegenstand die Ausübung des Profiling und der Synergetik-Methode in der zum Zeitpunkt der Untersagung praktizierten Form ist (s. Rn. 12), und zum anderen ausgeführt wird, dass das Berufungsgericht diese Form der Synergetik-Methode zu Recht als Ausübung der Heilkunde eingestuft hat (Rn. 19 ff.). Außerdem hat der Senat im Revisionsurteil ausgeführt, dass die Kläger ohnehin nicht in der Lage sind, zwischen gesunden und kranken Klienten zu unterscheiden. Auch darin liegt eine Antwort auf den Vortrag der Klägerin.

5 Eine weitere Rüge der Kläger betrifft ihren Vortrag zu der Frage, ob eine Einordnung der Synergetik-Methode als Ausübung der Heilkunde zur Abwehr von Gefahren erforderlich ist. Sie hatten geltend gemacht, dass Risiken für Patienten mit bestimmen Erkrankungen durch die Konsultation eines Arztes vor Beginn der Behandlung vermieden werden könnten. Diesen Vortrag hat der Senat nicht übergangen, sondern mit der grundsätzlichen Erwägung beantwortet, dass die Kläger, wenn sie Krankheiten behandeln wollen, die Verantwortung für ihr Tun nicht anderen zuweisen können (s. Rn. 32 des Revisionsurteils). Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, der Senat habe ohne Offenlegung der Quellen seines Fachwissens eine Fachfrage beantwortet, indem er angenommen habe, bei einem Klienten, dessen psychische Gesundheit vor der Behandlung ärztlich bestätigt worden sei, könne es später zu Komplikationen kommen, ist unberechtigt. Zum einen ist es keine Fachfrage, sondern offenkundig, dass während einer Heilbehandlung Komplikationen auftreten können. Zum anderen hat der Senat die Ungeeignetheit des Klägervorschlags nicht erst deshalb verneint, weil es auch bei ärztlich voruntersuchten Klienten noch zu Komplikationen während der Behandlung kommen kann, sondern deshalb, weil jemand, der für sich in Anspruch nimmt, selbständig Krankheiten behandeln und heilen zu können, selbst einschätzen können muss, ob die Methode gefahrlos angewandt werden kann oder ob die Grenzen der eigenen Fähigkeiten überschritten sind.

6 Die von den Klägern gerügte Annahme des Senats, es komme bei der Beurteilung mittelbarer Gefahren auf den äußeren Eindruck an, der sich aus den Eigendarstellungen für die angesprochenen Personenkreise ergibt, verletzt ebenfalls nicht ihr rechtliches Gehör, sondern stellt eine (erwartbare) rechtliche Erwägung dar. Im Übrigen ist die zusätzliche Bejahung einer mittelbaren Gefahr für das Revisionsurteil nicht entscheidungstragend.

7 Die Ausführungen der Kläger zu der geltend gemachten Wesensänderung der Bescheide durch das Berufungsgericht und eine in diesem Zusammenhang gesehene Verletzung des Bestimmtheitsgebotes aus § 37 Abs. 1 VwVfG hat der Senat ebenfalls nicht übergangen, sondern als Klägervortrag wiedergegeben (s. Rn. 9 des Revisionsurteils) und - soweit er ihn bestimmten rechtlichen Aspekten zuzuordnen vermochte - behandelt (s. insb. Rn. 12 und 22).

8 Die Rüge der Kläger, der Senat habe durch die Billigung der vor dem Berufungsgericht unterbliebenen Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens seinerseits ihr Gehörsrecht verletzt, ist substanzlos. In dem Revisionsurteil (dort Rn. 24 ff.) wird im Einzelnen ausgeführt, warum die Nichteinholung eines weiteren Sachverständigengutachtens keine Verfahrensrechte der Kläger verletzt hat.

9 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil als Gerichtsgebühr eine Festgebühr anfällt.