Beschluss vom 02.06.2004 -
BVerwG 7 B 46.04ECLI:DE:BVerwG:2004:020604B7B46.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.06.2004 - 7 B 46.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:020604B7B46.04.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 46.04

  • VG Greifswald - 10.09.2003 - AZ: VG 1 A 1005/94

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Juni 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y und K r a u ß
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 10. September 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 127 822 € festgesetzt.

Die Klägerin beansprucht die Rückübertragung eines Hausgrundstücks nach den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen - VermG -. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen, weil die Beigeladenen das Gebäude und das dafür verliehene dingliche Nutzungsrecht redlich erworben hätten und die Rückübertragung des Grundstücks daher nach § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG ausgeschlossen sei.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.
Die Klägerin hält zunächst für klärungsbedürftig,
"in welchem Umfang durch ein Mietverhältnis über ein Hausgrundstück auch ein Treueverhältnis zwischen dem Mieter und dem zu DDR-Zeiten nicht in der DDR weilenden Vermieter bzw. Republikflüchtling begründet worden ist, und folglich, welche Pflichten für den Mieter sich daraus ergaben, deren Verletzung gleichzeitig die Unredlichkeit seines späteren Eigentumserwerbs gemäß § 4 Abs. 3 VermG begründen kann".
Soweit diese Frage einer generellen Beantwortung zugänglich ist, ist dies durch die Ausführungen des Senats in dem Urteil vom 22. November 2001 - BVerwG 7 C 8.01 - (Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 15), das in derselben Sache ergangen ist und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz geführt hatte, geschehen. Im Übrigen ist die Frage anhand der Umstände des Einzelfalles zu beantworten und kann daher die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen.
Die weitere, auf die Ausführungen des genannten Senatsurteils zielende Frage der Klägerin,
"ob neben abgesprochenen Gefälligkeitshandlungen auch eigenmächtige Handlungen des Mieters, wie vorliegend das Einsammeln der Miete für eine anderweitig vermietete Wohnung, hier für die Wohnung S., was als Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne des § 677 BGB gewertet werden kann, die Entstehung eines Treueverhältnisses zur Folge hatten",
kann ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch eigenmächtige Handlungen eine Garantenstellung und daraus folgende Garantenpflichten begründen konnten, deren Verletzung die Unredlichkeit eines Rechtserwerbs zu Lasten des "Geschäftsherrn" zur Folge haben konnte. Unter welchen Voraussetzungen dies angenommen werden kann, ist jedoch ebenfalls eine Frage des Einzelfalls und daher nicht generell klärungsfähig. Ähnliches gilt für die Frage, ob das Vertrauen, das den von der Klägerin so genannten "Renovieren statt Miete-Fällen" immanent ist, die Annahme eines Treueverhältnisses rechtfertigt. Auch in diesen Fällen hängt es von der Ausgestaltung der jeweiligen Vereinbarung ab, ob und inwieweit sie eine Vertrauensstellung gegenüber dem Eigentümer begründete. Dabei versteht es sich von selbst und bedarf nicht der Erörterung in einem Revisionsverfahren, dass bei der Beurteilung dieser Frage auch auf die Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 266 StGB zurückgegriffen werden darf. Dies darf allerdings nicht dahin missverstanden werden, dass eine Unredlichkeit i.S. des § 4 Abs. 3 VermG nur dann in Betracht kommt, wenn der Erwerber diesen Straftatbestand verwirklicht hatte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.