Beschluss vom 01.09.2005 -
BVerwG 1 WB 16.05ECLI:DE:BVerwG:2005:010905B1WB16.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 01.09.2005 - 1 WB 16.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:010905B1WB16.05.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 16.05

In dem Wehrbeschwerdeverfahren
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz als Vorsitzende,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Oberstarzt Dr. Kollmann und
Hauptmann Petzold
als ehrenamtliche Richter
am 1. September 2005
b e s c h l o s s e n :

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I

1 Der 1958 geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes (OffzMilFD). Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 31. Januar 2013 enden. Er wurde mit Wirkung vom 5. April 1997 zum Hauptmann (Hptm) ernannt und zum 1. April 1997 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe (BesGr) A 11 eingewiesen. Seit dem 4. Oktober 1994 wird er im Amt ... verwendet. Dort ist er seit dem 1. Januar 2000 auf dem Dienstposten ...-Offizier und Datenverarbeitungs-Systemoffizier (...Offz/DVSystOffz), Teileinheit/Zeile (TE/ZE) ..., in der Abteilung I C eingesetzt.

2 Mit Schreiben vom 21. Oktober 2004 teilte das Bundesministerium der Verteidigung - PSZ I 2 - dem ...-Amt mit, dass dort zum 1. April 2005 in der Abteilung I C der nach BesGr A 12 bewertete Dienstposten für OffzMilFD ...Offz/DVSystOffz, TE/ZE ..., nachzubesetzen sei. Aufgrund der planmäßigen Beurteilungen der Hauptleute/Kapitänleutnante MilFD des ... zum 31. März 2004 seien nach der jahrgangsweisen Betrachtung dieser Dienstgradgruppe aufgrund ihres Ausbildungs- und Verwendungsaufbaus vier Hauptleute, darunter der Antragsteller sowie Hptm R., in Betracht zu ziehen. Das ...-Amt wurde um Mitteilung gebeten, welcher der vier genannten Offiziere aus seiner fachlichen Einschätzung für die Nachbesetzung in Frage komme. Daraufhin schlug das ...-Amt mit Schreiben vom 9. November 2004 mit erster Priorität Hptm R. vor.

3 Mit Verfügung des Dienstpostenwechsels Nr. ... vom 12. November 2004 wurde der vorbezeichnete Dienstposten ...Offz/DVSystOffz zum 1. April 2005 mit Hptm R. besetzt. Ebenfalls unter dem 12. November 2004 teilte das Bundesministerium der Verteidigung - PSZ I 2 - dem ...-Amt seine Entscheidung über den Dienstpostenwechsel mit.

4 Nachdem der Abteilungsleiter (AL) I im ...-Amt mit dem Antragsteller am 18. November 2004 ein Gespräch über die Nachbesetzung dieses Dienstpostens geführt hatte, bat der Antragsteller mit Schreiben vom 29. November 2004 um ein Personalgespräch. Darin wurde ihm am 22. Dezember 2004 durch die Abteilung PSZ im Bundesministerium der Verteidigung mitgeteilt, dass er für den streitbefangenen Dienstposten ...Offz/DVSystOffz im ...-Amt mitbetrachtet, jedoch nicht berücksichtigt worden sei, weil ein fachlich geeigneterer Offizier für die Nachbesetzung zur Verfügung stehe. Dem Antragsteller wurde seine künftige Mitbetrachtung für Dienstposten aufgezeigt, die in der Abteilung Truppendienstliche Aufgaben/Verwaltung - S 6 bzw. in der Abteilung IV E zum 1. März bzw. zum 1. September 2006 nachzubesetzen seien.

5 Unter dem 29. Dezember 2004 legte der Antragsteller Beschwerde gegen die Entscheidung ein, für den streitbefangenen Dienstposten nicht ihn, sondern Hptm R. auszuwählen. Am 18. November 2004 sei ihm im Gespräch mit dem AL I und zwei weiteren Offizieren mitgeteilt worden, dass Hptm R. für den angestrebten Dienstposten eingeplant werden solle. Dies widerspreche einer Erklärung des (früheren) AL I im Mai 2004, ihn, den Antragsteller, für den nach BesGr A 12 bewerteten Dienstposten vorzuschlagen. Er vertrete den derzeitigen Dienstposteninhaber in vielen Projekten, sei bis dato im selben Sachgebiet tätig, verfüge über bessere Beurteilungen und habe die passendere Ausbildung für diese Aufgabe (Betriebswirtschaft, Fachrichtung Wirtschaftsinformatik). Seit Mai 2004 seien keine Umstände eingetreten oder bekannt geworden, die eine Änderung der Planung bewirkt haben könnten.

6 Die Beschwerde hat der Bundesminister der Verteidigung (BMVg) - PSZ I 7 - mit Zustimmung des Antragstellers als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gewertet und mit seiner Stellungnahme vom 22. März 2005 dem Senat vorgelegt.

7 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:

8 Im Personalgespräch am 22. Dezember 2004 habe er erfahren, dass die Abteilung PSZ im Vorfeld der Dienstpostennachbesetzung eine nach Eignung, Befähigung und Leistung geordnete Kandidatenliste an seine Dienststelle gesandt habe. Er selbst sei an erster Stelle, Hptm R. an letzter Stelle eingestuft worden. Zwar habe die Abteilung PSZ den Dienstpostenwechsel verfügt; die Entscheidung sei aber letztlich durch den Bedarfsträger getroffen worden. Entgegen der Mitteilung des AL I des ...-Amtes vom 12. Januar 2005 sei ihm, dem Antragsteller, am 18. November 2004 keine Verwendungsentscheidung eröffnet worden. Man habe ihm lediglich mitgeteilt, dass die Abteilung PSZ ohne Rücksprache oder Stellungnahme durch das ...-Amt vorhabe, den freiwerdenden A 12-Dienstposten nicht mit ihm, sondern mit Hptm R. nachzubesetzen. Dabei sei betont worden, dass PSZ allein entscheide und das ...-Amt dazu keine Stellung genommen habe oder nehmen werde. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, dass Hptm R. für den streitbefangenen Dienstposten besser geeignet sein solle. Er selbst erfülle - anders als der ausgewählte Offizier - alle in der ATB-Dienstpostenbeschreibung für den Dienstposten TE/ZE ... genannten Voraussetzungen. Er sei länger Soldat und länger im Dienstgrad Hauptmann und verfüge für den Dienstposten über die geeignetere zivile Berufsausbildung sowie über die bessere militärische Ausbildung. Deshalb habe auch nur er den Verwendungsvorschlag in der Beurteilung.

9 Er beantragt,

10 die Verfügung des Dienstpostenwechsels Nr. ... des Bundesministeriums der Verteidigung vom 12. November 2004 aufzuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, auf den Dienstposten ...Offz/DVSystOffz, TE/ZE ..., beim ...-Amt zu versetzen.

11 Der BMVg beantragt,

12 den Antrag zurückzuweisen.

13 Der Antrag sei unzulässig, weil er nicht innerhalb der gemäß § 21 Abs. 2 i.V.m. § 17 Abs. 4 WBO vorgegebenen Zwei-Wochen-Frist gestellt worden sei. Entscheidend für den Beginn der Frist sei die Kenntnis von dem Beschwerdeanlass. Der Beschwerdeanlass liege in der Nichtberücksichtigung des Antragstellers für den streitbefangenen Dienstposten. Diesen Umstand und die Tatsache, dass der Dienstposten mit Hptm R. besetzt werde, habe der Antragsteller bereits am 18. November 2004 im Gespräch mit dem AL I erfahren. An diesem Tag sei ihm eröffnet worden, dass die Verwendungsentscheidung durch das Bundesministerium der Verteidigung - PSZ I 2 - zu Gunsten von Hptm R. getroffen worden sei und er selbst nicht habe berücksichtigt werden können. Die Rechtsbehelfsfrist sei am 2. Dezember 2004 abgelaufen. Die am 29. Dezember 2004 im ...-Amt eingegangene Beschwerde, die als Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu werten sei, sei verspätet eingelegt worden. Das am 22. Dezember 2004 geführte Personalgespräch, in dem die Sachlage noch einmal mit dem Antragsteller erörtert worden sei, habe auf die Fristberechnung keinen Einfluss.

14 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Verfahrensakte des BMVg - PSZ I 7 - 40/05 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis C, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

15 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.

16 Er ist nicht fristgerecht eingelegt worden.

17 Die Frist für eine Beschwerde, die gemäß § 21 Abs. 1 WBO als Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts behandelt werden soll, beträgt nach § 6 Abs. 1 WBO i.V.m. § 17 Abs. 4 Satz 1, § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO zwei Wochen und beginnt mit der Kenntnis des Antragstellers von dem Beschwerdeanlass. Der Beschwerdeanlass wird durch die Kenntnis von der streitbefangenen (belastenden) Maßnahme oder gegebenenfalls von den die streitbefangene Maßnahme auslösenden tatsächlichen Umständen eröffnet (stRspr.: vgl. u.a. Beschluss vom 27. April 2005 - BVerwG 1 WB 8.05 - m.w.N.).

18 Der Beschwerdeanlass war nach eigener Darstellung des Antragstellers in der Beschwerde vom 29. Dezember 2004 bereits am 18. November 2004 gegeben, als er im Gespräch mit dem AL I des MAD-Amtes und zwei weiteren Offizieren erfuhr, „dass Hptm R. für diesen Dienstposten eingeplant werden soll“. Ergänzend hat der Antragsteller (nach durchgeführter Akteneinsicht durch seinen Bevollmächtigten) in dessen Schreiben vom 25. Mai 2005 - in Erwiderung auf die Stellungnahme des AL I des ...-Amtes vom 12. Januar 2005 zu dem Gespräch am 18. November 2004 - ausgeführt, in diesem Gespräch habe man ihm mitgeteilt, „dass PSZ ohne Rücksprache oder Stellungnahme durch das ...-Amt vorhabe, den freiwerdenden A 12-Dienstposten nicht mit ihm, sondern mit Hptm R. nachzubesetzen. Dabei wurde betont, dass PSZ allein entscheide und das ...-Amt dazu keine Stellung genommen habe oder nehmen werde“.

19 Damit hatte der Antragsteller am 18. November 2004 nach seinem eigenen Vorbringen positive Kenntnis von der zu diesem Zeitpunkt zu seinen Lasten bereits getroffenen Entscheidung, dass er selbst für den angestrebten Dienstposten nicht berücksichtigt worden war und Gegenteiliges auch nicht mehr zu erwarten stand. In dieser erfolgten und damit feststehenden Nichtberücksichtigung liegt die aus seiner Sicht unterlassene, ihn belastende Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 WBO und zugleich der damit gesetzte Anlass für seine Beschwerde, welcher ihm bereits am 18. November 2004 (und nicht erst am 22. Dezember 2004) bekannt war. Die Rechtsmittelfrist endete mit Ablauf des 2. Dezember 2004 (§§ 186, 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Innerhalb dieser Zwei-Wochen-Frist hat der Antragsteller kein Rechtsmittel gegen seine Nichtumsetzung auf den angestrebten Dienstposten in der Abteilung I C im ...-Amt eingelegt. Die Beschwerde vom 29. Dezember 2004 war verspätet.

20 Das Personalgespräch mit dem Antragsteller am 22. Dezember 2004 hat keine - erneute - Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt. Es diente lediglich der Klärung seiner weiteren Verwendungsplanung und nicht der erstmaligen Eröffnung der Tatsache, dass er für den zum 1. April 2005 freiwerdenden Dienstposten TE/ZE ... nicht ausgewählt worden war.

21 Lediglich klarstellend weist der Senat darauf hin, dass die Besetzung des nach BesGr A 12 bewerteten Dienstpostens für OffzMilFD in der Abteilung I C des ...-Amtes, TE/ZE ... zum 1. Februar 2005 mit Hptm S. nicht Gegenstand des vorliegenden Antrags auf gerichtliche Entscheidung ist. Insoweit hat der Antragsteller am 29. März 2005 Beschwerde eingelegt, die der BMVg - PSZ I 7 - gegebenenfalls als eigenständigen Antrag auf gerichtliche Entscheidung dem Senat vorlegen kann.