Beschluss vom 01.09.2003 -
BVerwG 4 BN 55.03ECLI:DE:BVerwG:2003:010903B4BN55.03.0

Beschluss

BVerwG 4 BN 55.03

  • OVG Rheinland-Pfalz - 18.06.2003 - AZ: OVG 8 C 11960/02

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. September 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. R o j a h n und G a t z
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

I


Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen eine Satzung der Antragsgegnerin über die erleichterte Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich. Mit der Satzung will die Antragsgegnerin eine Nachverdichtung der vorhandenen Wohnbebauung ermöglichen, ohne das Gebiet zu einem Ortsteil weiterzuentwickeln. Zu diesem Zweck weist die Satzung zusätzliche überbaubare Flächen aus. Eine (noch) im Eigentum des Antragstellers stehende Teilfläche ist laut Satzung "von Bebauung freizuhalten". Dagegen erhob der Antragsteller Einwendungen.
Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Normenkontrollantrag des Antragstellers ab. Mit der Beschwerde wendet er sich gegen die Nichtzulassung der Revision.

II


Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Die Rechtssache besitzt nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Antragsteller beimisst.
Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf, "ob die Ausweisung nicht überbaubarer Flächen in einer Satzung gem. § 35 Abs. 6 BauGB die Zulassung privilegierter Vorhaben auf diesen Flächen erlaubt". Die Beschwerde vertritt hierzu die Ansicht, mit der Festlegung der "von Bebauung freizuhaltenden Flächen" knüpfe die Satzung an den Regelungsgehalt des § 23 BauNVO an. Diese Vorschrift besitze auch bei Konkretisierung der Anforderungen an eine geordnete städtebauliche Entwicklung im Rahmen von § 35 Abs. 6 Satz 4 BauGB eine "Leitlinien- und Orientierungsfunktion".
Die aufgeworfene Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Die Beschwerde legt der angegriffenen Außenbereichssatzung hinsichtlich der "nicht überbaubaren Flächen" einen Inhalt bei, der ihr nach den Ausführungen des Normenkontrollgerichts nicht zukommt. Die Vorinstanz versteht die Bestimmung der Satzung, nach der die im Eigentum des Antragstellers stehende Teilfläche "von Bebauung freizuhalten" ist, in Anknüpfung an den Regelungsgehalt des § 35 Abs. 6 BauGB dahin, dass diese Fläche von Wohnzwecken dienenden sonstigen Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB freizuhalten sei. Die betreffende Ausweisung stehe damit einem etwaigen landwirtschaftlichen Vorhaben auf dieser Fläche nicht entgegen. Bei dieser Auslegung der Satzung bleibt für die Annahme, die Antragsgegnerin habe eine Festsetzung nach § 23 BauNVO getroffen, kein Raum. Die Auslegung der Satzung, die dem nicht-revisiblen Landesrecht angehört, muss das Bundesverwaltungsgericht in einem Revisionsverfahren grundsätzlich mit dem Inhalt hinnehmen, dem ihr das Normenkontrollgericht beigemessen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Anwendung und Auslegung von Landesrecht eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl. nur Beschluss vom 1. September 1992 - BVerwG 11 B 24.92 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 171). Das ist hier nicht der Fall.
Das Beschwerdevorbringen lässt nicht erkennen, dass Regelungsgehalt und Zielsetzung des § 35 Abs. 6 BauGB, die das Normenkontrollgericht seiner Auslegung der angegriffenen Satzung zugrunde legt, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen. Mit einer Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB kann eine Gemeinde für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, ausschließen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 dieser Vorschrift bestimmte öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB entgegengehalten werden können. § 35 Abs. 6 BauGB will die Zulassung bestimmter nicht-privilegierter Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB erleichtern. Die Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB lässt - anders als eine Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB - die planungsrechtliche Zuordnung des Satzungsgebiets zum Außenbereich unberührt. Das Normenkontrollgericht geht zu Recht davon aus, dass eine Satzung gemäß § 35 Abs. 6 BauGB über die erleichterte Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich ausschließlich eine positive, die Zulässigkeit bestimmter nicht-privilegierter Vorhaben unterstützende, aber keine negative Wirkung besitzt. Die Satzung lässt die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 1 BauGB hinsichtlich der dort benannten privilegierten Vorhaben unberührt. Die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB kann daher durch eine Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB nicht ausgeschlossen werden (ebenso m.w.N.: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 5. Oktober 2002 - 3 L 306/98 - BRS 64 Nr. 108; OVG Münster, Urteil vom 8. Juni 2001 - 7 a D 52/99.NE - NVwZ 2001, 1071;vgl. ferner Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Bd. II, Stand: 1. Januar 2003, Rn. 175 zu § 35 BauGB).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.