Beschluss vom 01.08.2002 -
BVerwG 1 B 6.02ECLI:DE:BVerwG:2002:010802B1B6.02.0

Beschluss

BVerwG 1 B 6.02

  • Niedersächsisches OVG - 28.09.2001 - AZ: OVG 2 L 2513/98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. August 2002
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und H u n d
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. September 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt erfolglos.
Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt. Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig, "ob das Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28. September 1954 im Falle der staatenlosen Kurden yezidischer Religionszugehörigkeit aus Syrien Vorrang hat vor dem begehrten Asylrecht (hier: Feststellung gemäß § 51 Abs. 1 AuslG), mit der Folge, dass die auf das Asylrecht gerichtete Klage abzuweisen ist". Darin eingeschlossen sei die Frage zu prüfen, "ob den staatenlosen, yezidischen Kurden aus Syrien aus im asylrechtlichen Sinne nichtpolitischen Gründen die Wiedereinreise verweigert oder ob die Verweigerung als eine weitere politisch motivierte Maßnahme der Vertreibung der seit der Volkszählung 1962 als staatenlos geltenden yezidischen Kurden aus dem Kreis Hassake zu verstehen ist". Darüber hinaus sei klärungsbedürftig, "ob glaubensgebundene yezidische Kurden in Syrien einer unmittelbar staatlichen und/oder mittelbaren Verfolgung durch Dritte mit staatlicher Billigung in asylrechtsrelevanter Qualität unterliegen".
Zur ersten Frage ist in der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rechtsgrundsätzlich geklärt, dass den Staatenlosen, denen die Wiedereinreise in ihren Aufenthaltsstaat - wie hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den Klägern durch Syrien - aus im asylrechtlichen Sinne nichtpolitischen Gründen verweigert wird, Asyl nach Art. 16 a GG oder asylrechtlicher Abschiedungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG nicht zustehen kann (Urteil vom 24. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 75.95 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 181). Die weiteren Fragen betreffen in erster Linie die Feststellung und Würdigung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und damit Tatsachenfragen und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Soweit verallgemeinerungsfähig in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist, unter welchen Voraussetzungen eine Rückkehrverweigerung oder Einreisesperre durch den Heimatstaat politische Verfolgung darstellen kann (vgl. Urteile vom 24. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 75.95 - a.a.O. und - BVerwG 9 C 3.95 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 180; vgl. ferner Beschluss vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 9 B 474.99 - <juris>; Beschluss vom 30. April 1997 - BVerwG 9 B 11.97 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 192). Das Berufungsgericht hat diese Rechtsprechung dem angegriffenen Beschluss zugrunde gelegt. Die Beschwerde macht nicht ersichtlich, dass in diesem Zusammenhang anlässlich des Falles der Kläger ein weitergehender höchstrichterlicher Klärungsbedarf besteht. Sie wendet sich mit ihrem Vorbringen in Wahrheit gegen die ihrer Ansicht nach unzureichende Feststellung und Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse durch das Berufungsgericht. Damit kann die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht erreicht werden.
Auch die Divergenzrüge entspricht nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Beschwerde macht insoweit geltend, dass der angegriffene Beschluss deswegen von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 75.95 - (a.a.O.) abweiche, weil das Gericht ein Asylrecht gerade für den Fall der Gruppenverfolgung nicht ausgeschlossen habe: "Nur wenn der Libanon einer ganzen Bevölkerungsgruppe pauschal zumindest eine Nähe zu destabilisierenden Aktivitäten oder gar generell deren Unterstützung unterstellen würde, stellt sich die Frage, ob die Verfolgungsmaßnahmen - objektiv gesehen - nicht auch auf die Volks- oder die Religionszugehörigkeit gerichtet sind und an diese anknüpfen". In dem angefochtenen Beschluss (BA S. 7, Zeile 8) stelle das Berufungsgericht aber gerade nicht auf die objektive Sicht, sondern die Begründung der syrischen Regierung ab.
Damit ist eine die Revision eröffnende Divergenz nicht schlüssig dargetan. Eine derartige Divergenz setzt voraus, dass das Berufungsgericht in einer die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtsfrage bei Anwendung derselben Rechtsvorschrift eine andere Auffassung vertreten hat als eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte. Eine derartige rechtssatzmäßige Abweichung zeigt die Beschwerde nicht auf. Insbesondere macht sie nicht ersichtlich, dass das Berufungsgericht in dem hier maßgeblichen Zusammenhang von dem Rechtssatz ausgegangen ist, dass nicht auf eine objektive Sichtweise im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abzustellen ist. Das Berufungsgericht hat im Übrigen im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 75.95 - a.a.O.) angenommen, dass "Aussperrungen" und "Ausgrenzungen" in Gestalt von Rückkehrverweigerungen politische Verfolgung in dem dargelegten Sinne darstellen können, wenn sie wegen asylerheblicher Merkmale des Betroffenen erfolgen, die Verweigerung der Wiedereinreise also auf die Rasse, die Religion, die Nationalität, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder auf die politische Überzeugung des Asylbewerbers zielt (BA S. 6). In der letztgenannten Entscheidung wird klarstellend darauf hingewiesen, dass es bei der Verfolgung "wegen" eines Asylmerkmals nicht auf die subjektiven Motive des Verfolgenden, sondern auf die objektive Gerichtetheit der Maßnahme ankommt (vgl. das vom Berufungsgericht in Bezug genommene Urteil vom 24. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 75.95 - a.a.O. S. 68 mit Hinweis auf das Urteil vom 15. Mai 1990 - BVerwG 9 C 17.89 - BVerwGE 85, 139, 141). Von diesen Rechtssätzen geht auch das Berufungsgericht aus, indem es die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung ausdrücklich seinen Erwägungen als "Maßstab" zugrunde legt (BA S. 7, Zeile 3).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.