Beschluss vom 01.07.2004 -
BVerwG 4 BN 28.04ECLI:DE:BVerwG:2004:010704B4BN28.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 01.07.2004 - 4 BN 28.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:010704B4BN28.04.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 28.04

  • OVG für das Land Brandenburg - 26.02.2004 - AZ: OVG 3a D 25/00.NE

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. Juli 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w , den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. J a n n a s c h und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. P h i l i p p
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 26. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 000 € festgesetzt.

Die auf § 132 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
1. Die geltend gemachte Abweichung des angegriffenen Urteils von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juni 2001 - BVerwG 4 CN 1.01 - (BVerwGE 114, 301) liegt nicht vor. Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur gegeben, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz zu einen ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts in Widerspruch tritt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712).
a) Nach Ansicht der Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung den Rechtssatz aufgestellt, dass die Antragsbefugnis nur so weit reicht, wie auch die Gemeinde in ihrer Planungshoheit verletzt ist. Das Normenkontrollgericht habe demgegenüber die Antragsbefugnis der Antragstellerin nicht nur hinsichtlich der in ihrem Gemeindegebiet liegenden Teile, sondern hinsichtlich des gesamten Geltungsbereichs der Landschaftsschutzverordnung bejaht.
Einen Rechtssatz zum Umfang der Antragsbefugnis einer Gemeinde gegenüber einer über ihr Gemeindegebiet hinausgehenden Landschaftsschutzverordnung enthält die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass sich eine Gemeinde bei einem Angriff gegen eine naturschutzrechtliche Verordnung zur Begründung ihrer Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO grundsätzlich auf ihr Selbstverwaltungsrecht berufen kann (vgl. BVerwGE 114, 301, 304). Zum Umfang der Antragsbefugnis brauchte es keine Ausführungen zu machen, denn die Gemeinde hatte ihren Antrag auf bestimmte, ihr Gemeindegebiet betreffende Regelungen der Landschaftsschutzverordnung beschränkt (vgl. BVerwGE 114, 301, 303).
b) Entgegen dem Vorbringen der Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung auch nicht den Rechtssatz aufgestellt, dass eine Kommune, welche ihre lokalen Belange im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung gegenüber staatlichen Maßnahmen zu verteidigen sucht, dies als Gemeinde, nicht aber als Behörde unternimmt. Das Gericht hat die Frage, ob eine Kommune insoweit in erster Linie als Gemeinde oder aber als Behörde tätig wird, als überdenkenswert bezeichnet, im Ergebnis aber offen gelassen (vgl. BVerwGE 114, 301, 308).
c) Hinsichtlich des Rechtsschutzbedürfnisses liegt die geltend gemachte Divergenz ebenfalls nicht vor.
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass für einen Antrag der Gemeinde auf Prüfung der Gültigkeit von Festlegungen in einer ihr Gebiet erfassenden Naturschutzverordnung im Hinblick auf die damit verbundene Beschränkung der ihr in den §§ 1 ff. BauGB eröffneten planerischen Möglichkeiten grundsätzlich ein Rechtsschutzinteresse besteht. Es genügt dafür in aller Regel die Annahme, der Normgeber werde im Fall der Rechtsfehlerhaftigkeit der angegriffenen Vorschrift jedenfalls eine neue, der antragstellenden Gemeinde möglicherweise günstigere Regelung treffen. Etwas anderes gilt dann, wenn der Antragsteller selbst im Falle einer ihm günstigen Entscheidung in absehbarer Zeit daraus keine ihm günstigen Maßnahmen ableiten könnte und die erstrebte Entscheidung in diesem Sinne für ihn letzten Endes mutmaßlich "wertlos" ist (BVerwGE 114, 301, 307). Einen hiervon abweichenden Rechtssatz hat das Normenkontrollgericht weder ausdrücklich noch sinngemäß aufgestellt. Es ist vielmehr ersichtlich davon ausgegangen, dass der Antragsgegner im Falle der Nichtigerklärung der Landschaftsschutzverordnung möglicherweise einer der Antragstellerin günstigere Regelung treffen werde. Im Übrigen war die Feststellung, dass eine Umsetzung der Planungen, an denen sich die Antragstellerin durch die Landschaftsschutzverordnung gehindert sah, in realistischer Zeit zu erwarten sei, entgegen der Auffassung der Beschwerde zur Bejahung des Rechtsschutzbedürfnisses nicht erforderlich. Es genügt, dass eine Verwirklichung der Ziele der Antragstellerin jedenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwGE 114, 301, 308). Umstände, die eine derartige Annahme rechtfertigen würden, hat die Beschwerde nicht dargelegt.
2. Die Aufklärungsrüge genügt nicht den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretender Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. August 1997 - BVerwG 1 B 144.97 - NJW-RR 1998, 784; Beschluss vom 18. November 1996 - BVerwG 3 B 73.95 - Buchholz 451.90 Europäisches Wirtschaftsrecht Nr. 162 m.w.N.). Die Beschwerde legt weder dar, dass die Antragstellerin in Richtung der Beschwerde zielende Beweisanträge gestellt habe, noch zeigt sie auf, warum sich dem Normenkontrollgericht auf der Grundlage seiner materiellen Rechtsauffassung eine weitere Sachverhaltsermittlung auch ohne Beweisantrag hätte aufdrängen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 14 Abs. 1 und 3 sowie auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.