Beschluss vom 11.06.2002 -
BVerwG 4 VR 4.02ECLI:DE:BVerwG:2002:110602B4VR4.02.0

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    BVerwG, Beschluss vom 11.06.2002 - 4 VR 4.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:110602B4VR4.02.0]

Beschluss

BVerwG 4 VR 4.02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Juni 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungs-
gericht Prof. Dr. R o j a h n und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:

  1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin erhobenen Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Dessau vom 28. Februar 2002 anzuordnen, wird abgelehnt.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 250 000 € festgesetzt.

I


Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Dessau vom 28. Februar 2002 für den Ausbau der Bundesautobahn A 9 Berlin - München im Bereich der Anschlussstelle Halle sowie den Bau der B 100 Ortsumgehung Brehna.
Der Planfeststellungsbeschluss betrifft die Verbreiterung und Grunderneuerung der Bundesautobahn A 9, die Neuerrichtung der Anschlussstelle Halle, die nach Norden verlegt wird, sowie den vierspurigen Neubau der B 100 (Halle - Bitterfeld) als nördliche Umfahrung von Brehna.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin einer größeren Grundstücksfläche, auf der sich ein Einkaufs- und Gewerbezentrum befindet. Dieses konnte bisher von der Anschlussstelle Halle über die B 100 (alt) unmittelbar angefahren werden, während die Zufahrt künftig nur über die B 100 (neu) und eine neu zu errichtende etwa 1200 m lange Straße (Planstraße A) möglich ist.
Mit Schreiben vom 19. April 2002 hat das Regierungspräsidium Dessau einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses abgelehnt.
Die Antragstellerin hat am 17. April 2002 Klage erhoben und am 22. April 2002 beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage herzustellen. Im Klageverfahren beantragt sie, den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben. Sie rügt eine Verletzung des Abwägungsgebots. Ihr Interesse an der Erhaltung der Anschlussstelle Halle am bisherigen Ort sei nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht eingestellt worden. Auch sei ihr Alternativvorschlag nicht ausreichend gewürdigt worden.
Der Antragsgegner tritt der Klage sowie dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes entgegen.

II


1. Der Antrag ist statthaft und auch sonst zulässig. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss betrifft ein Vorhaben, das unter § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VerkPBG fällt. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG hat die Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Bundesverwaltungsgericht, das nach § 5 Abs. 1 VerkPBG im ersten und letzten Rechtszug zuständig ist, nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO als Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung anordnen.
2.1 Der Antrag bleibt jedoch ohne Erfolg. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses überwiegt das private Interesse der Antragstellerin, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vor Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben. Bereits eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass die erhobene Anfechtungsklage nach dem derzeitigen Stand des wechselseitigen Vorbringens keine begründete Aussicht auf Erfolg hat. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand des Gerichts verletzt der Planfeststellungsbeschluss keine Rechtsvorschriften, deren Verletzung die Antragstellerin geltend machen kann und die zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zu der Notwendigkeit eines ergänzenden Verfahrens gemäß § 17 Abs. 6 c Satz 2 FStrG führen. In dieser Situation würde es dem mit § 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG verfolgten Beschleunigungszweck zuwiderlaufen, dem Antragsgegner die ihm vom Gesetzgeber eingeräumte Möglichkeit der sofortigen Vollziehung allein mit Rücksicht darauf zu entziehen, dass die Antragstellerin sich im Klagewege gegen das Vorhaben zur Wehr setzt.
2.2 Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Senats spricht nichts dafür, dass der Planfeststellungsbeschluss die Belange der Antragstellerin im Rahmen der der Behörde aufgegebenen Abwägung unzureichend berücksichtigt oder unangemessen gewichtet hätte.
Die Antragstellerin macht geltend, bei sachgerechter Abwägung müsse die bisherige Anschlussstelle Halle aufrechterhalten bleiben, da sie für das von ihr betriebene Einkaufszentrum auf die gute Erreichbarkeit und die Sichtbarkeit angewiesen sei. Auch habe sie auf die Beibehaltung der Anschlussstelle vertrauen dürfen. Dem ist nicht zu folgen.
2.3 Werden auf Dauer Zufahrten durch die Änderung oder Einziehung von Bundesstraßen unterbrochen, hat der Träger der Straßenbaulast nach § 8 a Abs. 4 FStrG einen angemessenen Ersatz zu schaffen, soweit dies zumutbar ist. Mit dieser Regelung ist der Gesetzgeber seiner Aufgabe nachgekommen, einen Ausgleich zwischen dem allgemeinen Verkehrsbedürfnis und dem Erschließungsinteresse der Anlieger zu schaffen. Ein derartiger angemessener Ersatz ist im Planfeststellungsbeschluss vorgesehen. Die Grundstücke der Antragstellerin sind künftig durch die Planstraße A mit der B 100 verbunden. Diese neu anzulegende Straße wird heutigen Anforderungen entsprechen. Damit ist sie ihrer Art nach angemessen. Aus § 8 a FStrG lässt sich kein Anspruch auf den Fortbestand einer Verkehrsverbindung herleiten, die für eine bestimmte Grundstücksnutzung von besonderem Vorteil ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - BVerwG 4 VR 7.99 - NVwZ 1999, 1341 = Buchholz 407.4 § 8 a FStrG Nr. 11).
2.4 Dies bedeutet nicht, dass die Anliegerinteressen unterhalb der bezeichneten Schwelle rechtlich nicht zu Buche schlagen. Sie sind, sofern sie nicht als geringfügig ausnahmsweise außer Betracht zu bleiben haben, im Rahmen der Planfeststellung in die Abwägung einzustellen. Sie können jedoch durch überwiegende Belange des Gemeinwohls oder anderer Betroffener zurückgedrängt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 a.a.O.). So liegt es hier.
2.4.1 Die Grundstücksflächen der Antragstellerin liegen weiterhin in einer verkehrsgünstigen Lage. Sie sind von der Anschlussstelle Halle über die B 100 und die Straße A gut zu erreichen. Im Übrigen trägt die Antragstellerin selbst vor, die Kunden des Einkaufszentrums kämen überwiegend aus dem Raum Bitterfeld/Wolfen und Delitzsch. Für diesen Personenkreis dürfte sich die Erreichbarkeit der Einzelhandelsbetriebe verbessern oder jedenfalls nicht verschlechtern. Denn künftig kann die Ortsumgehung von Brehna befahren werden, so dass eine Durchquerung dieser Stadt entfällt. Die Betriebe auf den Grundstücksflächen der Antragstellerin profitieren somit zugleich vom Neubau der B 100.
2.4.2 Soweit die Antragstellerin sich auf die künftig geringere Sichtbarkeit der Betriebe auf ihren Grundstücksflächen beruft, kommt dem kein großes Gewicht zu. Zum einen genießt der Sichtkontakt einen niedrigen Stellenwert. Es handelt sich um einen zufälligen Lagevorteil, vor dessen Verlust die Rechtsordnung - anders als bei Zufahrten - grundsätzlich keinen Schutz bietet. Im Übrigen bleibt das Einkaufszentrum von der A 9 und der B 100 aus weiterhin sichtbar. Autofahrer, die sich zu einem "Spontankauf" entschließen, müssen allerdings eine etwas weitere Zufahrt in Kauf nehmen. Im Übrigen steht der entsprechende Vortrag der Antragstellerin in einem gewissen Gegensatz zu der Darstellung, wonach die Kunden überwiegend aus dem Raum Bitterfeld/Wolfen und Delitzsch kommen. Diesen wird das Einkaufszentrum bekannt sein; kommen sie aus der Richtung der genannten Orte, ändert sich an der Sichtbarkeit ohnehin kaum etwas.
2.4.3 Die Antragstellerin meint ferner, im Rahmen der Abwägung darauf verweisen zu können, dass sie auf den Verbleib der Anschlussstelle Halle an der bisherigen Stelle habe vertrauen dürfen. Hierfür ist jedoch nichts ersichtlich. Die Antragstellerin verweist zunächst auf Erklärungen des Bürgermeisters oder der Gemeinde. Diese waren für verbindliche Äußerungen zur Planung von Bundesfernstraßen jedoch von vornherein nicht zuständig. Ferner bezieht sie sich auf eine Stellungnahme des Landesamts für Straßenbau gegenüber der Gemeinde Brehna vom 28. Februar 1991 (S. 1517 ff. der "Verfahrensakte" der Planfeststellungsbehörde), die zum Ausdruck bringt, dass diese Behörde keine Bedenken gegen den Vorhaben- und Erschließungsplan (mehr) äußert. Eine derartige Stellungnahme eignet sich schon ihrer Zielrichtung nach nicht für einen Vertrauensschutz hinsichtlich des künftigen Verlaufs der B 100. Im Gegenteil macht sie deutlich, dass bereits im Jahre 1991 mit einer Veränderung der Anschlussstelle Halle gerechnet werden musste. Das Landesamt wies in diesem Zusammenhang ferner darauf hin, dass die "entsprechenden Untersuchungen" erst noch beginnen sollten. Ein Vertrauensschutz hinsichtlich einer bestimmten Trassenführung sollte somit nicht geschaffen werden. Nichts anderes gilt für das von der Antragstellerin ferner benannte Schreiben des Landesamts vom 30. Januar 1991 (S. 825 der "Verfahrensakte" der Planfeststellungsbehörde). In diesem verweist die Behörde auf den geringen Abstand des Motels "von der geplanten Ortsumgehung der B 100" und die damit verbundenen Lärmschutzmaßnahmen. Eine in irgendeiner Weise bindende Aussage über den künftigen Trassenverlauf sollte damit nicht getroffen werden.
2.4.4 Darüberhinaus legt der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung eingehend dar, dass das Einkaufszentrum zunächst zumindest teilweise rechtswidrig errichtet worden sei und zum Zeitpunkt seiner "Legalisierung" durch einen Vorhaben- und Erschließungsplan (November 1991) im Vorentwurf zum Flächennutzungsplan vom Juni 1991 bereits die Aussage enthalten gewesen sei, der vorhandene Knoten entspreche nicht den geltenden Vorschriften und müsse voraussichtlich nach Norden verschoben werden; damit ändere sich ohnehin die bisherige Trassenführung der B 100.
Dieser Vortrag mag geeignet sein, das Gewicht der in der Abwägung zu Gunsten der Antragstellerin sprechenden Belange noch weiter zu verringern. Aber auch ohne Berücksichtigung dieser Vorgänge hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die Entscheidung des Antragsgegners frei von Abwägungsfehlern ist.
2.5 Die Planfeststellungsbehörde hat die Beibehaltung der bisherigen Anschlussstelle aus Gründen abgelehnt, die so bedeutsam sind, dass sie das Gewicht der entgegenstehenden Belange der Antragstellerin bei weitem überwiegen dürften.
Sie hat zunächst den Fall der Beibehaltung des vorhandenen Anbindepunkts als Abfahrt für das Einkaufszentrum und die Neuerrichtung der Anschlussstelle zur B 100 behandelt (Planfeststellungsbeschluss S. 93). Sie hat diese Möglichkeit mit der Begründung ausgeschieden, damit werde gegen die Regelungen für Knotenpunktabstände (RAS-K) verstoßen, nach denen zwischen Knotenpunkten Abstände von mindestens 3 km einzuhalten seien. Vorliegend wäre jedoch nur ein Abstand von 400 m gewahrt. Somit sprächen Gründe der Verkehrssicherheit gegen diese Lösung. Außerdem wäre dann nicht ausreichend Platz für die Auf- und Abfahrtsrampen vorhanden. Diese Begründung leuchtet ohne weiteres ein und wird von der Antragstellerin auch nicht weiter in Frage gestellt.
Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin hat sich die Planfeststellungsbehörde im Anschluss daran auch mit einem Verzicht auf die neue nach Norden verschobene Anschlussstelle Halle befasst. Sie lehnt diesen mit der Begründung ab, die Verlegung sei auf Grund der notwendigen Trassierungselemente im Zuge des Neubaus der B 100 unvermeidbar. Damit hat die Behörde der Sache nach auch den Vorschlag zurückgewiesen, den die Antragstellerin mit einem Schreiben vom 19. Oktober 2000 und einem Lageplan (S. 809 der "Verfahrensakte" der Planfeststellungsbehörde) unterbreitet hat.
Allerdings ist die Antragstellerin insoweit entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG ausgeschlossen. Denn die Antragstellerin hat in ihren Einwendungsschreiben hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie sich gegen eine Verlagerung der Anschlussstelle nach Norden wendet und die Beibehaltung der bisherigen Anbindung fordert (vgl. hierzu auch den Beschluss des Senats vom 16. Oktober 2001 - BVerwG 4 VR 20.01 - DVBl 2002, 275 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 165). Zu einer eigenen Alternativplanung war sie nicht verpflichtet.
Die Gründe, die die Planfeststellungsbehörde bewogen haben, diese Planung abzulehnen, sind jedoch nachvollziehbar und von erheblichem Gewicht. Der Antragsgegner hat die Überlegungen in seiner Erwiderung verdeutlicht. Danach ist die vorgeschlagene Trassierung sowohl aus Gründen der Verkehrssicherheit als auch solchen der Verkehrstechnik nicht sinnvoll umsetzbar. Die Radien der B 100 würden viel zu eng. Fahrzeuge, die auf der B 100 von Westen (Halle) kommen, müssten nach Passieren der Anschlussstelle in einem engen Radius nach Norden abbiegen. Bereits diese Erwägungen, deren Richtigkeit durch die vorliegenden Karten erhärtet wird, sprechen auch nach der Überzeugung des Senats gegen eine derartige Trassierung. Hinzu treten die Gründe, die im Rahmen der Trassenauswahl bereits gegen die damalige Trasse E gesprochen haben. Auch diese sollte - mit weiterem Kurvenradius und einer nach Süden verschobenen Anschlussstelle - zwischen dem Gewerbegebiet der Antragstellerin (sowie dem Hotel der Antragstellerin im Parallelverfahren) auf der einen Seite und der vorhandenen Bebauung von Brehna auf der anderen Seite hindurchführen. Dieser Trassenverlauf wäre kaum mit § 50 BImSchG zu vereinbaren und in jedem Fall mit erheblichen Lärmschutzmaßnahmen verbunden. Er würde ferner die Ortslage von Brehna einschnüren und damit die Entwicklungsmöglichkeiten dieser Stadt beeinträchtigen (vgl. hierzu Planfeststellungsbeschluss S. 51). Daher ist auch die Entscheidung gegen diese Trasse frei von Abwägungsfehlern.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 3 GKG. Die Antragstellerin benennt für das Hauptsacheverfahren einen Streitwert von 1 000 000 € und begründet ihn mit den in dieser Höhe zu befürchtenden Mietmindereinnahmen. Die Minderung der Mieteinnahmen kann jedoch nicht mit der Bedeutung der Sache für die Antragstellerin gleichgesetzt werden, da ihnen auch eine geringere Steuerbelastung und möglicherweise niedrigere andere Aufwendungen entgegenstehen. Der Senat schätzt den Wert der Hauptsache auf 500 000 € und legt für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon die Hälfte, also 250 000 €, zu Grunde.

Gerichtsbescheid vom 01.04.2003 -
BVerwG 4 A 7.02ECLI:DE:BVerwG:2003:010403G4A7.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Gerichtsbescheid vom 01.04.2003 - 4 A 7.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:010403G4A7.02.0]

Gerichtsbescheid

BVerwG 4 A 7.02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. April 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. L e m m e l , H a l a m a , Prof. Dr. R o j a h n und Dr. J a n n a s c h
für Recht erkannt:

  1. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Klageverfahren eingestellt.
  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Klageverfahren bis zur Klagerücknahme auf 500 000 €, danach auf 250 000 € festgesetzt.

I


Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Dessau vom 28. Februar 2002 für den Ausbau der Bundesautobahn A 9 Berlin - München im Bereich der Anschlussstelle Halle sowie den Bau der B 100 Ortsumgehung Brehna.
Der Planfeststellungsbeschluss betrifft die Verbreiterung und Grunderneuerung der Bundesautobahn A 9, die Neuerrichtung der Anschlussstelle Halle, die nach Norden verlegt wird, sowie den vierspurigen Neubau der B 100 (Halle - Bitterfeld) als nördliche Umfahrung von Brehna.
Die Klägerin ist Eigentümerin einer größeren Grundstücksfläche, auf der sich ein Einkaufs- und Gewerbezentrum befindet. Dieses konnte bisher von der Anschlussstelle Halle über die B 100 (alt) unmittelbar angefahren werden, während die Zufahrt künftig nur über die B 100 (neu) und eine neu zu errichtende etwa 1 200 m lange Straße (Planstraße A) möglich ist.
Sie hat am 17. April 2002 Klage erhoben und am 22. April 2002 beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage herzustellen. Diesen Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 11. Juni 2002 - BVerwG 4 VR 4.02 - abgelehnt.
Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 26. März 2003 hat die Klägerin nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärt, sie beantrage nur noch
den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses des Regierungspräsidiums Dessau vom 28. Februar 2002 zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss vom 28. Februar 2002 dahingehend zu ergänzen, dass der Vorhabenträger verpflichtet wird, eine Brücke im Zuge der B 100 (alt) wieder neu zu errichten und für den Kraftfahrzeugverkehr in Richtung West/Ost zu öffnen.
Im Übrigen hat sie die Klage zurückgenommen. Sie rügt eine Verletzung des Abwägungsgebots.
Der Beklagte tritt der Klage entgegen.

II


Soweit die Klage zurückgenommen wurde, war das Verfahren einzustellen und über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (§ 92 Abs. 1 und 3 VwGO).
Im Übrigen macht das Gericht von der ihm durch § 84 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch, über die Klage durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Der Streitfall weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Der Rechtsstreit ist mit den Beteiligten eingehend erörtert worden und die Klägerin wurde mehrfach auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid hingewiesen.
Die Klägerin hat im Erörterungstermin keine Einwendungen mehr dagegen erhoben, dass die künftige Anschlussstelle der B 100, (die zweibahnig von Halle kommend an Brehna vorbeiführen soll), an die A 9 nördlich der bisherigen Anschlussstelle errichtet wird. Zum Ausgleich der damit wegfallenden unmittelbaren Zufahrt von der B 100 zum Grundstück der Klägerin wird eine neue Zufahrtsstraße errichtet.
Die Klägerin meint aber, im Rahmen der Abwägung wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, auf der Linienführung der bisherigen B 100 eine Brücke wieder neu zu errichten und für den Kraftfahrzeugverkehr in Richtung West/Ost zu öffnen. Damit seien die auf ihren Grundstücken betriebenen Einzelhandelsgeschäfte für die aus Westen kommenden Kunden besser erreichbar.
Dem ist jedoch nicht zu folgen. Zum einen hat der Senat bereits in seinem genannten Beschluss vom 11. Juni 2002 auf das relativ geringe Gewicht hingewiesen, das den Belangen von Anliegern zukommt, deren Grundstücke durch eine neu zu schaffende Zufahrt erschlossen werden. Vorliegend können die von Westen kommenden Kunden das Einkaufszentrum über die auszubauende B 100 und die neu zu errichtende Zufahrtsstraße gut erreichen. Zwar ist der Fahrweg für aus Westen kommende Kraftfahrzeuge etwas weiter; der zusätzliche Zeitaufwand ist jedoch sehr gering. Für aus östlicher Richtung (z.B. aus Bitterfeld, Delitzsch und Lutherstadt Wittenberg) anfahrende Kunden verbessern sich die Verkehrsverhältnisse in Folge des Ausbaus der Bundesstraße, die eine Durchfahrung des Ortszentrums von Brehna unnötig macht.
Zum anderen liegt es nicht nahe, eine für Kraftfahrzeuge geeignete Brücke über eine Autobahn mit acht Fahr- und zwei Standspuren neu zu errichten, die den Zubringerverkehr zu einem Einkaufszentrum und anderen Gewerbebetrieben geringfügig erleichtern soll. Dies gilt vorliegend umso mehr, als diese Zufahrt nur in west-östlicher Richtung befahrbar wäre, da die für die Gegenrichtung zu schaffende weitere Über- oder Unterführung zum Anschluss an die B 100 auch in den Augen der Klägerin unverhältnismäßige Kosten verursachen würde. Hinzu tritt, dass die kurze Abfolge zweier Ausfahrten hintereinander (für diese Zufahrt und auf die A 9) aus Gründen der Verkehrssicherheit äußerst ungünstig und mit den technischen Regelwerken des Straßenbaus kaum zu vereinbaren wäre. Eine derartige Lösung, die im Laufe des Planfeststellungsverfahrens von niemandem vorgeschlagen worden ist, und die zugleich (gegenüber der vorgesehenen Brücke für Radfahrer und Fußgänger) erhebliche Mehrkosten in der Größenordnung von 1 Mill. € verursacht, drängt sich nicht auf. Der Beklagte konnte vielmehr ohne Verstoß gegen das Abwägungsgebot von ihr absehen.
Daher kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin mit ihrem erst lange nach Ende der Sechswochenfrist unterbreiteten Vorschlag im Hinblick auf § 17 Abs. 6b FStrG ausgeschlossen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG; zur Höhe wird auf die Ausführungen im Beschluss vom 11. Juni 2002 - BVerwG 4 VR 4.02 - verwiesen.
Rechtsmittelbelehrung
Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Der Antrag ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, einzureichen.
Hierfür besteht Vertretungszwang. Jeder Beteiligte muss sich, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften ferner durch
Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
Paetow Lemmel Halama