Beschluss vom 17.05.2017 -
BVerwG 5 B 17.16ECLI:DE:BVerwG:2017:170517B5B17.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.05.2017 - 5 B 17.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:170517B5B17.16.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 17.16

  • VG Köln - 17.07.2014 - AZ: VG 26 K 6355/12
  • OVG Münster - 15.12.2015 - AZ: OVG 12 A 1748/14

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Mai 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Dezember 2015 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1 1. Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Dem genügt die Beschwerde nicht.

3 Sie möchte die Fragen beantwortet wissen:
"Sind Auszubildende an einer Akademie vom sogenannten großen Teilerlass nach § 18b Abs. 4 BAföG ausgeschlossen?"
und
"Ist eine Ausbildungsstätte ausbildungsförderungsrechtlich als Hochschule im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG zu betrachten, wenn der Landesgesetzgeber eine Gleichsetzung der Ausbildung an der Berufsakademie mit einer Ausbildung an einer Fachhochschule festlegt?".

4 Diese Fragen beziehen sich auf die Auslegung des § 18b Abs. 3 Satz 1 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1952). Danach werden dem Auszubildenden auf seinen Antrag 2 560 Euro des Darlehens erlassen, wenn er bis zum 31. Dezember 2012 die Ausbildung vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer mit dem Bestehen der Abschlussprüfung oder, wenn eine solche nicht vorgesehen ist, nach den Ausbildungsvorschriften planmäßig beendet. Da die Bestimmung nur auf solche Auszubildende Anwendung findet, die ihre Ausbildung bis zum 31. Dezember 2012 beendet haben, handelt es sich um "auslaufendes" Recht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Rechtsfragen, die sich auf auslaufendes, ausgelaufenes oder nur übergangsweise geltendes Recht beziehen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung, da § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eine richtungsweisende Klärung für die Zukunft herbeiführen soll (vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juni 2014 - 5 B 11.14 - NVwZ-RR 2014, 740 Rn. 5 und vom 1. März 2017 - 5 B 6.17 - juris Rn. 7, jeweils m.w.N.). Eine Revisionszulassung wegen solcher Fragen kommt deshalb nur ausnahmsweise u.a. in Betracht, wenn ihre Beantwortung für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist. Für das Vorliegen einer solchen Sachlage ist der Beschwerdeführer darlegungspflichtig. Es müssen Anhaltspunkte für eine erhebliche Anzahl von Altfällen dargetan und ersichtlich sein (stRspr., vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Juni 2011 - 5 B 54.10 - juris Rn. 6, vom 4. Juni 2014 - 5 B 11.14 - NVwZ-RR 2014, 740 Rn. 8 und vom 30. Januar 2017 - 10 B 10.16 - juris Rn. 3, jeweils m.w.N.). Wird in der angefochtenen Entscheidung dargelegt, dass und aus welchen Gründen nicht anzunehmen sei, dass eine entscheidungserhebliche Bestimmung des auslaufenden oder ausgelaufenen Rechts für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung sei, hat sich die Beschwerde auch damit substantiiert auseinanderzusetzen. Den vorstehenden Anforderungen genügt die Beschwerde nicht.

5 Das Oberverwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen aufgezeigt, dass die Bedeutungslosigkeit der Teilerlassregelung absehbar sei und nicht davon ausgegangen werden könne, dass nach Ablauf des Jahres 2017 - also in einem absehbaren Zeitraum - in nennenswertem Umfang Erlassanträge zu erwarten seien. Es hat insoweit im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der Zeitpunkt des Beginns der Rückzahlung des Darlehens fünf Jahre nach Ende der Förderungshöchstdauer (§ 18 Abs. 3 Satz 3 BAföG) den "vorzeitigen" Erlass des Bescheides nach § 18 Abs. 5a Satz 1 BAföG steuere und an deren Bekanntgabe die einmonatige Antragsfrist nach § 18b Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 BAföG anknüpfe. Dies ist überzeugend und legt mit Blick auf den wegen der Frist des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG eingeschränkten Personenkreis, der in Genuss des großen Teilerlasses kommen kann, den von der Vorinstanz gezogenen Schluss nahe. Gemessen daran und unter Berücksichtigung der genannten strengen Anforderungen an eine Revisionszulassung zur Klärung von Fragen des auslaufenden oder ausgelaufenen Rechts reicht es nicht aus, wenn dem der Kläger mit der nicht konkret belegten Behauptung entgegentritt, aufgrund der "Darlehensverwaltung" und der "Bescheidungspraxis" der Beklagten könnten immer noch neue Fälle "von einer erheblichen Anzahl" betroffen sein, weil davon ausgegangen werden müsse, dass der überwiegende Teil der Absolventen der Akademien zumindest die studiendauerabhängigen Voraussetzungen des Teilerlasses erfüllt hätten. Nichts anderes gilt für seine Erwägung, es handele sich um einen "nicht näher eingrenzbaren Kreis der möglichen Betroffenen". Der Kläger zeigt auch nicht substantiiert auf, dass eine wesentliche Anzahl von Altfällen bereits anhängig ist. Insoweit reicht der Hinweis auf die Bezugnahme des Verwaltungsgerichts Köln auf "verschiedene andere Verfahren" nicht aus.

6 2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO nicht erhoben.