Beschluss vom 04.09.2017 -
BVerwG 2 B 45.17ECLI:DE:BVerwG:2017:040917B2B45.17.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 04.09.2017 - 2 B 45.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:040917B2B45.17.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 45.17

  • VG München - 08.09.2014 - AZ: VG M 19B DK 14.1367
  • VGH München - 05.04.2017 - AZ: VGH 16b D 14.2336

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. September 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner und Dr. Günther
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. April 2017 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 1. Der 1952 geborene Beklagte steht als Zollhauptsekretär im Dienst der Klägerin. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts ... wurde er wegen vorsätzlicher Drittstaateneinlagenvermittlung ohne Erlaubnis in 125 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den Feststellungen im Strafurteil hatte der Beklagte zwischen November 2005 und August 2007 als Untervermittler in 125 Fällen ein vorgebliches Kapitalanlageprodukt mit einem Gesamtvolumen von knapp 4 Mio. US-Dollar vermittelt und hierfür eine umsatzabhängige Provision in Höhe von rund 300 000 € erhalten. Die 84 betroffenen Kapitalanleger wurden dabei in betrügerischer Weise um ihr Kapital gebracht. Dem Beklagten war bekannt, dass die Darlehensnehmerin ihren Sitz in den USA und damit außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums hatte. Er wusste auch, dass er nicht im Besitz der für die Erbringung dieser Finanzdienstleistungen gemäß § 32 KWG erforderlichen schriftlichen Erlaubnis der zuständigen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht war.

2 Im nachfolgenden Disziplinarverfahren, das auch die fehlende Nebentätigkeitsgenehmigung für diese und weitere Betätigungen des Beklagten umfasste, entfernte das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Die hiergegen gerichtete Berufung blieb erfolglos.

3 2. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde des Beklagten ist unbegründet. Sie hat keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt (§ 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

4 Dies folgt bereits daraus, dass die mit der Beschwerde aufgeworfenen Fragen nicht entscheidungserheblich sind. Auf ihre Beantwortung würde es in einem Revisionsverfahren daher nicht ankommen. Die Beschwerde verkennt den Bezugspunkt der vom Berufungsgericht getroffenen Ausführungen.

5 Ein Dienstvergehen ist die vom Beklagten außerdienstlich begangene Straftat gemäß § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG nur, wenn sie geeignet ist, das berufserforderliche Vertrauen zu beeinträchtigen und dadurch mittelbar dienstrechtliche Relevanz erlangt. Das Vertrauen der Bürger, dass der Beamte dem Auftrag gerecht wird, als Repräsentant des demokratischen Rechtsstaates eine unabhängige, unparteiliche und gesetzestreue Verwaltung zu sichern, darf der Beamte auch durch sein außerdienstliches Verhalten nicht beeinträchtigen. Je näher der Bezug des außerdienstlichen Fehlverhaltens des Beamten zu dem ihm übertragenen Aufgabenbereich ist, umso eher kann davon ausgegangen werden, dass sein Verhalten geeignet ist, das Vertrauen zu beeinträchtigen, das seine künftige Amtsausübung erfordert (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 20).

6 Auf die mit der Beschwerde bezeichnete - und vom Berufungsgericht auf einen Einwand des Beklagten hin bejahte - Frage, ob § 32 KWG in der zum Zeitpunkt der Tatbegehung maßgeblichen Fassung auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt war, kommt es daher nicht an. Auch wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, verändert sich hierdurch nichts an dem Umstand, dass das außerdienstlich begangene Fehlverhalten des Beklagten einen nahen Bezug zu seinem Amt aufweist. Der Aufgabenbereich der Zollverwaltung dient nicht allein dem Schutz von Privatinteressen, sondern gerade auch der Gewährleistung objektiv-rechtlicher Standards und Rechtsgüter. Dies gilt auch und insbesondere für grenzüberschreitende Sachverhalte - wie die vom Beklagten begangene Straftat.

7 Dass sich der Tätigkeitsbereich der Zollverwaltung dabei nicht nur auf die Überwachung des Warenverkehrs bezieht, sondern auch Barmittel und andere Zahlungsmittel umfasst, liegt auf der Hand. Nur in diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht auf § 1 Abs. 4 ZollVG rekurriert. Rechtsgrundsätzlich bedeutsame Fragestellungen hierzu sind nicht erkennbar und von der Beschwerde bereits nicht bezeichnet worden.

8 3. Die Beschwerde hat auch keinen Verfahrensmangel dargelegt, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann (§ 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

9 Die Beschwerde bezeichnet bereits keine Verfahrensvorschrift, gegen die das Berufungsgericht verstoßen haben soll. Mit ihren Angriffen auf die Annahmen und Würdigungen des Gerichts verkennt sie auch den Prüfungsgegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde. Anders als im Recht der Berufungszulassung sieht § 132 Abs. 2 VwGO den Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel nicht vor. Das Revisionsverfahren dient der Klärung grundsätzlich bedeutsamer Rechtsfragen und ist daher nicht dazu bestimmt, die Würdigung und Rechtsanwendung der Berufungsgerichte im Einzelfall einer erneuten Prüfung zuzuführen.

10 Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des Revisionsgerichts nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Rügefähig ist damit nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur ein Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also etwa entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 2 B 35.13 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 21 Rn. 19 m.w.N.). Das Ergebnis der gerichtlichen Beweiswürdigung selbst ist vom Revisionsgericht im Rahmen der Verfahrensrüge nur daraufhin nachzuprüfen, ob es gegen Denkgesetze verstößt, logische oder gedankliche Brüche und Widersprüche enthält (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. September 2014 - 2 B 14.14 - Buchholz 235.1 § 57 BDG Nr. 5 Rn. 8 m.w.N.). Einen derartigen Verfahrensmangel zeigt die Beschwerde nicht auf.

11 Die Rüge einer unzutreffenden Gewichtung der Milderungsgründe oder des Persönlichkeitsbilds des Beklagten betrifft allein die Fehlerhaftigkeit der Würdigung selbst und zeigt bereits keinen Verfahrensmangel auf. Soweit dem Vorbringen in der Sache die Rüge eines Verstoßes gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 58 Abs. 1 BDG, § 86 Abs. 1 VwGO) entnommen werden kann, ist sie unbegründet.

12 Die Annahme eines Schadens in Höhe von knapp 4 Mio. US-Dollar beruht entgegen dem Vortrag der Beschwerde nicht auf Schätzungen und ungesicherten Feststellungen, sondern auf den tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil. Da Gesichtspunkte für eine offensichtliche Unrichtigkeit dieser Annahme (auch im Beschwerdeverfahren) nicht vorgetragen worden sind, müssen sie dem Disziplinarverfahren ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden (§ 57 Abs. 1 Satz 1 BDG).

13 Soweit die Beschwerde fehlende Tatsachenfeststellungen zum Umfang der ausgeübten Nebentätigkeit rügt, trifft dies bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Das Berufungsgericht ist - den Feststellungen im Strafurteil entsprechend - zunächst davon ausgegangen, dass der Beklagte von November 2005 bis August 2007 in 125 Fällen Verträge zu Drittstaatenanlagen vermittelt hat. Es hat weiterhin festgestellt, dass der Beklagte seit 2001 ein "Lagerhaus für Kunstdinger" betrieben hat, das jeweils von Dienstag bis Freitag zwischen 16 und 19 Uhr geöffnet war. Dass - und ggf. welche - weiteren Tatsachen zu ermitteln sein sollten, hat der Beklagte im Berufungsverfahren selbst nicht beantragt. Warum sich dem Berufungsgericht bei dieser Sachlage weitere Sachverhaltsermittlungen hätten aufdrängen müssen, ist nicht erkennbar. Die Feststellungen lassen auch ohne weitere Ermittlungen zum exakten Umfang der Tätigkeiten den Schluss zu, dass die zeitliche Beanspruchung den genehmigungsfähigen Umfang (§ 99 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 BBG) überstieg. Dies wäre selbst bei Annahme der regelmäßigen wöchentlichen Höchstarbeitszeit in Vollzeitbeschäftigung gerechtfertigt.

14 Im Übrigen würde das Urteil auf einem etwaigen Fehler auch nicht beruhen. Die fehlende Genehmigungsfähigkeit der vom Beklagten ausgeübten Nebentätigkeiten ist selbständig tragend auch darauf gestützt worden, dass die Betätigung dem Zweck der Freistellung zuwiderläuft und die Vergütungsgrenze überschritten ist. Auch die zu Letzterem gerügte Sachverhaltsfeststellung weist keine Defizite auf, weil der Beklagte nach den tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil eine Provision in Höhe von rund 300 000 € erhalten hat. Weitere Sachverhaltsaufklärungen waren demnach weder veranlasst noch erforderlich.

15 Soweit die Beschwerde schließlich Ausführungen dazu enthält, dass § 99 BBG im Ausnahmefall die Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung zulässt, betrifft dies nicht das Verfahren, sondern materielles Recht. Im Übrigen bestand diese Möglichkeit vorliegend gerade nicht, weil der Beklagte eine Nebentätigkeitsgenehmigung nicht beantragt hatte und eine Ausnahmeentscheidung folglich auch nicht ergehen konnte.

16 Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

17 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

18 Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren muss nicht festgesetzt werden, weil sich die Höhe der Gerichtskosten streitwertunabhängig aus dem Gesetz ergibt (vgl. § 78 Satz 1 BDG i.V.m. Nr. 10 und 62 des als Anlage zu diesem Gesetz erlassenen Gebührenverzeichnisses).